Erzieherin mit Kindern
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Kirchliche Erzieherinnen – ohne Taufschein?
Im April entschied der Europäische Gerichtshof (­EuGH): Kirchliche Arbeitgeber dürfen nicht mehr pauschal von allen Mitarbeitern fordern, Kirchenmitglieder zu sein.
Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
19.06.2018

chrismon: Wie bewerten Sie das Urteil?

Hartmut Kreß: Ein wichtiger Schritt in die richtige ­Richtung. Der EuGH gewichtet individuelle Grundrechte von Arbeitsplatzbewerbern viel stärker, als das bislang ­in der Bundesrepublik getan wurde.

Meinen Sie, die Krankenschwester im Diakoniekranken-haus muss nicht unbedingt Kirchenmitglied sein?

Korrekt. Es kommt auf ihre Fachkompetenz an. Kirchliche Krankenhäuser und Kindertagesstätten werden weitest­gehend öffentlich refinanziert. Da sollten die Standards aus dem allgemeinen Arbeitsrecht gelten und Qualifika­tionsanforderungen wie sonst auch. Sich für alle zu öffnen, erhöht da die Glaubwürdigkeit. De facto stellen die Kirchen sowieso längst Nichtmitglieder ein, weil sie sonst keine Arbeitskräfte finden. Längst praktizieren muslimische Fachärzte in evangelischen Krankenhäusern. Dennoch fordern evangelische Arbeitgeber noch immer den Taufschein. Das ist intransparent.

Privat

Hartmut Kress

Hartmut Kreß 
ist Professor für Ethik an der 
Evangelisch-
Theologischen 
Fakultät der 
Universität Bonn.

Und wie sehen Sie das als Theologe?

Es ist auch theologisch nicht haltbar, Arbeitsplatzbe­werber zu nötigen, Mitglied zu werden. Kirchenmitgliedschaft beruht auf Freiwilligkeit und Überzeugung. Sie darf nicht verordnet werden.

Wird es schwerer für die Kirchen, darauf zu beharren?

Ja, zweifellos. Die Kirche sagt bisher: Wir stellen nur christliche Bewerber ein – auch in sogenannten verkündigungsfernen Bereichen. Wenn sich abgelehnte Arbeitsplatzbewerber künftig an staatliche Gerichte wenden, werden die Kirchen genau begründen müssen, warum man für diesen Arbeitsplatz in der Kirche sein muss. Auch sollten sie ihren Beschäftigten nicht länger den Kirchenaustritt verbieten.

Was ist dann noch evangelisch am Krankenhaus?

Das Bemühen um Ethikstandards. Und gelebte Toleranz, Offenheit für alle. Patienten brauchen neben der fachlich-medizinischen auch die seelsorgerliche und psychologische Begleitung. Hier sollte man sich engagieren. Wichtig ist es auch, dass Kindertagesstätten gezielt darauf achten, Kinder und Eltern ohne Ansehen der Herkunft aufzunehmen und zu begrüßen.

Was hätten die Kirchen davon?

Stellen Sie sich vor, eine junge Muslimin lässt sich in der Arbeitsagentur beraten. Sie interessiert sich für Kinder­tagesstätten, bekommt aber zu hören: "Erzieherin? Das sollten Sie sich dreimal überlegen. Viele Kitas sind in kirchlicher Hand. Da finden Sie schlecht einen Job und haben kaum Aufstiegschancen." Das macht den Beruf ­­
für viele, die sich qualifizieren möchten, sofort unattraktiv. Es wäre ein überfälliges Signal, dass evangelische Träger ­dies grundlegend ändern.

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