Susanne und Bianca sind seit fast drei Jahren Brieffreundinnen
Fotos: privat
"Du bist stärker, als du denkst"
Was ist das denn, macht man das noch? Zwei junge Frauen schreiben sich Briefe. Über Jahre wächst so eine enge Freundschaft, aus Buchstaben, kleinen Aufmerksamkeiten – ganz ohne Stimme
Tim Wegner
26.04.2016

Den bunten Brief entdeckt Bianca Stache immer sofort in der Post. Der Umschlag ist selbst gebastelt und verziert. Schon der Anblick versetzt sie in Aufregung, einen Mix aus Neugierde und einer gewissen Rührung: Der Aufwand, die Gedanken sind ganz ihr gewidmet, es ist ein Brief nur für sie. Sie reißt ihn schon im Gehen auf, fünf Stockwerke muss sie nach oben. In der ­Wohnung angekommen, liest sie gleich. Es ist kein Mädchenkram. Die Langsamkeit des Austausches, sagen Bianca Stache und Susanne Hitz, wollten sie sich bewusst bewahren.

Bianca, 26, wohnt in Dresden. Susanne, acht Jahre älter, in einem Ort in Baden-Württemberg. Sieben Zugstunden trennen die beiden. Viele Gleichaltrige hätten längst über Whatsapp gechattet oder per Skype Videotelefonate geführt. Die Freundinnen haben sich bis vor kurzem noch nie gesehen, nie gesprochen. Sie kannten nur Fotos – und ihre Handschrift.
Susannes erster Brief ist vom 28. August 2013. Susanne, gewinnt Bianca in den folgenden Jahren den Eindruck, ist in sich gekehrt, aber fürsorglich und voll vielseitiger Gedanken.

In Briefen philosophieren

Bianca und sie sind sich in vielem ähnlich, findet Susanne. Sie kann ihr vertrauen. Das tut ihr gut. Auch im „realen Leben“ sei sie mutiger im Umgang mit anderen geworden, sagt sie.

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###drp|VlFdC8k2g7JX0377ae4_NDrj00142205|i-40|Illustration: Monika Eichele|### Mehr zum großen Thema Freundschaft finden Sie auf unserer Schwerpunktseite: chrismon.de/freundschaft

Kennengelernt haben sie sich über ein Internetportal für Brieffreundschaften des Goethe-Instituts. Bianca suchte dort ­jemanden, mit dem sie über das Leben philosophieren kann. Denn wenn eine junge Erwachsene erzählt, dass sie als Jugend­liche ins Kloster wollte, schauen die Leute seltsam. Susanne denkt sich: „Das passt ja.“ Susanne suchte Freunde. „Mich zu öffnen fällt mir schwer“, sagt sie. „Die Schule, die Ausbildung sind vorbeigegangen, und ich bin einsam geblieben.“ Mit der Brieffreundschaft überlistet sie sich selbst. Beim Schreiben ist sie allein mit dem Briefbogen, Bianca weit weg. Wenn die später von Susannes ­Gedanken und Gefühlen liest, ist Susanne nicht dabei. „Nichts muss mir peinlich sein, ich muss mich nicht schämen.“

Schon beim Lesen unterstreicht sie einzelne Stellen in ­Biancas Briefen, macht Randnotizen. Dann legt sie sich alles zurecht, auch wenn sie die Antwort später, in Ruhe, schreiben wird. Zwei DIN-A4-Seiten sind es meistens.

Das erste Treffen

Die Briefe heben sie in einer großen Schachtel auf. „Sie enthält die Lebensgeschichte meiner Freundin“, sagt Bianca. „Im Nachhinein merkt man beim Durchlesen, wie sie sich entwickelt hat.“ Sie schreiben über ihren Alltag, tauschen Rezepte, ­Artikel und Bücher. Susanne berichtet über ihre ­Suche nach einem Partner. Sie schreiben über ihren Glauben. „Im Gespräch ant­wortet man manchmal nicht, weil einem nichts einfällt, oder man schwafelt dahin“, sagt Bianca. „Im Brief kann ich meinen Gedanken Raum ­geben. Es ist anders als eine schnelle Mail.“

Das erste Treffen hätte schiefgehen können. Sie hätten sich in peinlicher Stille gegenübersitzen können, sie hätten größte Antipathie füreinander entdecken können. Aber im Gegenteil. Es bestätigt ihre Freundschaft. Sie kochen zusammen, sie reden, gehen ins Museum und beten. „Dass das mit Bianca geht, bedeutet mir viel“, sagt Susanne. Sie hatte das Treffen vorgeschlagen. Bianca hätte sich das nicht getraut. „Du bist stärker, als du denkst“, sagt sie ihrer Freundin. Susanne ist ihr ein Vorbild. Deshalb hat sie beschlossen, Susanne zu besuchen. Jetzt fehlen sie sich manchmal doch, in schönen Momenten oder wenn sie Trost brauchen. „Dann sind wir mit Worten füreinander da“, sagen sie.

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Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Dieses Freundschaftsportrait ist für mich nicht nur ein Bericht über eine wunderbare Freundschaft, sondern auch eine Hommage an eine Kommunikationsform, die leider zusehends in Vergessenheit gerät: das Schreiben persönlicher Briefe.

 

Meine Erfahrungen dahingehend sind allerdings äußerst positiv. Mir macht es z.B. sehr viel Spaß, Briefe und Karten selbst zu gestalten und sie zu verschiedenen Anlässen zu verschicken. Die Schreiben sind i.d.R. mit einem sehr persönlichen Bezug zum Empfänger. So enthält z.B. eine Glückwunschkarte zum Geburtstag, zur Hochzeit, Taufe, Kommunion, Konfirmation, zum Jubiläum, zu einer bestandenen Prüfung etc. stets die Daten des Festtages und vor allem die Namen der betreffenden Personen, notiert auf dekorativ gestalteten Aufklebern für die Bildseite der Karten. Ich hätte nie gedacht, wie beliebt diese persönlichen Karten und Briefe bei den Empfängen sind. Hier geht es wohl nicht allein um die "Schönheit" der Karten, sondern vor allem um die Hervorhebung des Individuellen auf der Bildseite, das dem Empfänger das Gefühl gibt, geschätzt zu werden. Es tut dem Anderen gut zu erfahren, dass er dem Absender nicht egal ist, der sich seinetwegen Mühe gemacht und überlegt hat, wie er den Empfänger erfreuen kann.

 

Mit freundlichen Grüßen

Gabriele Gottbrath

Gladbeck

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Ich habe zwei Email-Freundschaften, die sich per Zufall entwickelt haben, aus der Teilnahme in einem Forum bzw. meine persönliche Internet-Seite. Es ging erst nur um unser gemeinsames Hobby. Aus Sachfragen wurde persönliches ... Das eine ist eine etwa gleichaltrige Frau, mit der ich monatelang hin und her schrieb, ohne Fotos, ohne Anrufe. Dann besuchte sie ihre Mutter in der Nähe von mir und mich auch, und als sie vor mir stand, war es, als hätte ich eine alte Freundin nach langer Zeit wiedergetroffen. Den anderen Email-Freund kenne ich auch nach über 4 Jahren noch nicht persönlich. Ich habe zwei Mal kurz mit ihm telefoniert, und wir haben uns auf ein paar Bildern gesehen. Er hat meine jetzige Beziehung von Anfang an mitbekommen ... per Email. Es ist eine ganz tolle Erfahrung, so eine Freundschaft auf die Ferne ...

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Liebe Chrismon-Redaktion,
der Artikel gefiel mir sehr gut und auch die Lesermeinung von Frau Gottbrath. Trotz einer ziemlichen Sauklaue habe ich immer gerne Briefe geschrieben oder Karten. Leider fehlt mit Familie oft die Zeit und wenn die Zeit mal da ist, die Stimmung. Diese ist aber ganz wichtig, um mit Herzblut zu schreiben, nicht nur aus (selbst auferlegter) Pflicht.
Meine "Spezialität" ist übrigens, die Anschriften auf den Briefumschlägen individuell zu gestalten. Also z.B. nicht
"An
Peter Müller
Hamburg" sondern
"An den tangotanzenden
Peter Müller
Hamburg". Oder
"An die Salataktivistin
Petra Neumann
Berlin" usw. usf.
Diese spontanen Anreden kommen meistens gut an und haben auch schon Nachahmer gefunden...
Bunte Maigrüße aus Bonn
Gerald Matuschek