Wenn ich das Lied "Barana Barana" singe, bin ich wieder zu Hause im Irak, das Mädchen, das zwischen den Eltern vor dem Fernseher sitzt und mitsingt. Diese Freude, das bisschen Kindheit brauche ich. "Barana" bedeutet Regen. Ein kurdischer Musiker hat es in den Siebzigern komponiert, als ich fünf oder sechs Jahre alt war.
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Es verbindet mich mit meinem Vater, Musik war auch seine Leidenschaft. Ich war die Älteste von acht Kindern, fest entschlossen, nie abhängig von einem Mann zu werden. Mein Vater hat uns sehr motiviert. So durfte ich Musik studieren. Das war nicht üblich! Aber er blieb gegenüber den Verwandten eisern: Solange er lebe, entscheide er, und ich solle tun, was ich wolle. Darauf bin ich stolz!
Trotzdem wurde ich 1992 verheiratet. Ich kannte den Mann zwanzig Minuten. Und musste mit ihm nach Deutschland. Erst nach 18 Jahren schaffte ich es, mich scheiden zu lassen.
In der Schule musste ich den Koran auswendig lernen. Aber ich hatte immer mehr Fragen und niemand gab logische Antworten. So entfernte ich mich vom gläubigen Leben. Ich habe ein gutes Gewissen, bin gut zu meinen Kindern, hilfsbereit und habe viele Freunde. Eine Religion brauche ich nicht. Mit der Musik konnte ich nie aufhören: Sie hat mich immer gehalten.
Für diese Reihe haben die Fotografen Anna-Kristina Bauer und Andreas Graf Menschen verschiedener Religionen nach ihrem Bezug zu spirituellen Liedern befragt. Mehr Infos: www.chrismon.de/musik.