chrismon-Zuversichtskongress
Du machst den Unterschied!
Zuversicht kann man lernen, im Kleinen wie im Großen. Wie das geht, haben 200 Gäste beim ersten chrismon-Zuversichtskongress erlebt
Willie Weitzel mit den chrismon Chefredakteurinnen Claudia Keller und Ursula Ott
Ein Zuversichts-Kongress in Krisenzeiten: Willi Weitzel mit den chrismon Chefredakteurinnen Claudia Keller (l.) und Ursula Ott
Tim Wegner
Tim Wegner
27.10.2025
4Min

Die Menschen, sagt Stephan Grünewald, lieben gerade ihr Schneckenhaus. Krise draußen, ach was, Multikrise, über allem thront die Erderhitzung. Nur zu Hause ist es noch gemütlich. Mit Familie, mit Freunden, vor allem mit Gleichgesinnten. Stephan Grünewald muss es wissen, der "Psychologe der Nation" und Gründer des Kölner rheingold-Instituts hat gerade eine Studie dazu veröffentlicht. Er sagt: Aber wenn man kaum noch rausschaut aus dem Schneckenhaus – "dann maximieren sie die private Zufriedenheit, aber von außen spüren sie eine diffuse Bedrohung". Denn: Die Bahn ist aus dem Takt, die Schulen marode, die Kitas unterbesetzt, bezahlbarer Wohnraum Mangelware.

Der Psychologe Stephan Grünewald hält die Keynote Speech über "Wir Krisenakrobaten"

Und wie bleibt man da zuversichtlich? Zuversicht – schon immer das zentrale Thema bei chrismon und natürlich auch beim ersten chrismon-Kongress am 24. Oktober 2025, dem Zuversichtskongress.

chrismon feiert: 25-jähriges Jubiläum. Mit schlauen Referentinnen und Referenten und 200 Gästen in der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main. Eine Teilnehmerin erzählt: "Ich habe mir den Tag selbst geschenkt, das brauch ich gerade, Zuversicht." Also: Wie geht das mit der Zuversicht? Wo sind Lösungen, Bessermacher, Leute, die anpacken? Was gibt uns Zuversicht und Gottvertrauen?

Es braucht Humor, sagt der Kinder- und Jugendpsychiater, Bestsellerautor und chrismon-Herausgeber Jakob Hein. Wie man in tragischen Momenten das Absurde findet, wie man mit Lachen "Abstand von unserer Polykrise findet", das zeigt er in zwei Workshops und übt mit den Teilnehmenden lustige Momente ein und dass man öfter mal "Ja, und..." sagen könnte statt "Ja, aber...".

Meditation hilft, sagt die Meditationslehrerin Silvia Engelhardt. "Denn dabei trainiert man den Geist, nicht abzuwandern." Die Übungen zeigen: Ganz schön schwer, die Gedanken bei sich zu halten! Irgendwann, wenn man es immer wieder übt (bei manchen dauert es Jahre), wenn man innerlich die Dinge, die einen umtreiben, von vielen Seiten dabei beleuchten kann, klärt sich der Geist und Zuversicht kann wachsen.

Anderen keine Vorwürfe machen, rät Ruth Habermehl von den Psychologists for Future denjenigen, die beim Kampf gegen die Klimakrise verzagen. Wichtig sei: Trauer und Wut zuzulassen angesichts der menschengemachten Probleme und mächtiger Lobbygruppen. Auch vermeintlich "negative" Gefühle könnten Menschen ins Handeln bringen. Das Klima ist ein komplexes Thema, es lässt sich nur gemeinsam mit anderen anpacken. Dafür muss man sich zu erkennen geben, andere ansprechen. Dabei kann allerhand falsch laufen. Nicht fragen: Warum fliegst du schon wieder in den Urlaub? Sondern: Was suchst du im Urlaub? Was ist dir wichtig an diesem Ort? Viele würden sagen: schöne Natur. Und dann: reden. Darüber, dass man sich Sorgen macht, wie sich diese Natur erhalten lässt.

Wir müssen träumen, meint der Moderator Willi Weitzel in seinem Vortrag, sonst ist keine Zuversicht möglich. Er ist nach Indien, Bangladesch und Malawi gereist, hat Kinder gefragt: Wovon träumst du? Zum Beispiel davon, zur Schule gehen zu dürfen. Anwältin zu werden. Aus ihrem Leben das Beste zu machen. Und mutig immer weiter zu träumen.

Tomoni-Gründerin Alix Puhl im Gespräch mit chrismon Redakteur Nils Husmann

Schaut hin, bittet Alix Puhl, Gründerin von "tomoni mental health". Sie hat 2020 ihren Sohn Emil durch Suizid verloren. Keiner hat seine seelischen Nöte erkannt. Heute schult sie Eltern, Lehrkräfte und bald auch Sporttrainer und -trainerinnen, wie sie psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen erkennen können. "Fragt die jungen Menschen: Wie geht es dir? Hört zu." Damit könne jeder etwas zum Besseren verändern und, ganz wichtig: einen Unterschied machen. "Aus eigener Betroffenheit mit einem Sohn weiß ich um die Wichtigkeit, dass psychische Erkrankungen und Auffälligkeiten früh erkannt werden müssen. Frau Puhls Hinweise haben mich sehr berührt", sagt ein Kongressteilnehmer.

Aktiv werden als Gemeinschaft in Gemeinden und auch dadurch einen Unterschied machen – das haben die Teilnehmenden des Workhops "Frohe Botschaft – wie der Glaube uns Zuversicht geben kann" mit der Theologin Stefanie Schardien herausgearbeitet. Sie ist chrismon-Kolumnistin und Direktorin des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, zu dem chrismon gehört. In Gemeinschaft könne jeder etwas bewirken. Eine Frau betont, sie habe viel für sich mitgenommen und wolle darüber noch weiter nachdenken.

"Zuversicht", sagt Stefanie Schardien denn am Ende auch, sei der zupackende Arm der Hoffnung. Und davon ließ sich über den ganzen Tag viel einsammeln. Um am Ende mit dem Kirchenmusiker Gerald Ssebbudde zu singen – und mit einer Vorstellung des Kunstcomedian und chrismon-Kolumnisten Jakob Schwerdtfeger in eine fröhliche chrismon-Geburtstagsparty überzugehen.

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