Filmtipps der Woche
Ein Schweigen, Fossil
"Ein Schweigen" thematisiert eine gesamtgesellschaftliche Haltung des Wegschauens beim Thema Missbrauch. "Fossil" zeigt die Diskussion über die globale Erwärmung aus Perspektive der Verlierer. Die Filmtipps vom 13. Juni 2024
Filmszene aus "Fossil": Eine von Menschenhand geschaffene Wüstenlandschaft des Kohlebaus
Filmszene aus "Fossil": Eine von Menschenhand geschaffene Wüstenlandschaft des Kohlebaus
missingFILMs
13.06.2024

Ein Schweigen (Frankreich/Belgien 2023)

François (Daniel Auteuil) ist ein angesehener Anwalt, der Missbrauchsopfer vor Gericht vertritt und mit seiner Familie ein privilegiertes Leben führt. Doch François hütet ein dunkles Geheimnis, zu dem seine Ehefrau Astrid (Emmanuelle Devos) seit einem Vierteljahrhundert schweigt. Ihre Kinder sowie Astrids Bruder drängen sie dazu, endlich die Wahrheit zu sagen, aber sie versucht mit aller Macht, die Fassade aufrechtzuerhalten. Bis irgendwann auch ihr Adoptivsohn Raphaël (Matthieu Galloux) davon erfährt und durchdreht. Einige Motive des Dramas bleiben unklar, auch die Darstellung der Presse gerät etwas arg klischeehaft. Insgesamt aber gelingt Regisseur Joachim Lafosse eine gelungene Auseinandersetzung mit einer gesamtgesellschaftlichen Haltung des strukturellen Wegschauens und Schweigens, bei der die Hintergründe der Geschichte bis zum verstörenden Ende meisterhaft umkreist werden.

Ausführliche Kritik bei epd-Film.

© Arsenal Filmverleih

Frankreich/Belgien 2023. Regie: Joachim Lafosse. Buch: Chloé Duponchelle, Paul Ismael, Thomas van Zuylen. Mit: Emmanuelle Devos, Matthieu Galloux, Daniel Auteuil, Jeanne Cherhal, Damien Bonnard, Louise Chevillotte. Länge: 99 Minuten FSK: ohne Angabe.

Fossil (Deutschland 2023)

Vier Jahrzehnte hat Michael im Kohleabbau die Bagger gewartet. Demnächst aber soll Schluss sein, ein Zusammenbruch seiner Welt. Er weigert sich, den Wandel hinzunehmen, und versucht verbissen, seine Kollegen zum Protest zu animieren. Unterdessen schließt sich die Tochter eines Kollegen, der Suizid begangen hat, mit ihrem kleinen Sohn dem Protestcamp der Klimaaktivisten an. Es ist eine faszinierende Idee, die Klimadiskussion aus der Perspektive der Verlierer zu zeigen, Handlung und Figuren bleiben aber eher konstruiert. Hervorstechen tun vor allem die ruhigen Bilder, die auf beeindruckende Weise die von Menschenhand geschaffene Wüstenlandschaft des Kohlebaus zeigen.

Ausführliche Kritik bei epd-Film.

© missingFILMs

Regie: Henning Beckhoff. Buch: Bastian Köpf, Henning Beckhoff. Mit: Markus Hering, Ruth Reinecke, Victoria Schulz, Sohel Altan Gol, Godehard Giese. Länge: 94 Minuten FSK: ab 12 Jahren.

Sleep with your Eyes Open (Brasilien/Argentinien/Taiwan/Deutschland 2024)

Eigentlich wollte die Taiwanesin Kai (Liao Kai Ro) mit ihrem Freund in Recife Urlaub machen, doch dieser hat spontan Schluss gemacht mit ihr. Nun ist Kai alleine vor Ort und anstelle von Urlaubsstimmung und Entdeckerlust bestimmen eher Einsamkeit und Verlorenheit ihren Alltag. In einem Regenschirmladen stößt sie auf einen Stapel Postkarten, auf der die Chinesin Xiao Xin (Chen Xiao Xin) von ihrem Leben als Hilfsarbeiterin berichtet. Ohne dass sie sich kennen, fühlt Kai eine besondere Verbindung zu Xiao Xin. Mit dokumentarisch wirkenden, einfachen Szenen erforscht die deutsche Regisseurin Nele Wohlatz, die selbst lange in Argentinien gelebt hat und dort auf die Lebenswirklichkeit chinesischer Migranten gestoßen ist, Gefühle des Fremdseins, die sich trotz unterschiedlicher Umstände über kulturelle Grenzen hinweg spiegeln können.

Ausführliche Kritik bei epd-Film.

© Grandfilm

Regie und Buch: Nele Wohlatz. Mit: Chen Xiao Xin, Wang Shin-Hong, Liao Kai Ro, Nahuel Pérez Biscayart, Lu Yang Zong. Länge: 97 Minuten FSK: ab 6 Jahren.

Problemista (USA 2023)

Twen Alejandro (Julio Torres) ist ein gutgläubiger Spielzeugdesigner aus El Salvador. Da seine Arbeit nicht läuft wie erhofft, droht sein Visum abzulaufen. Rettung bietet ihm die exzentrische Kunstkritikerin Elizabeth (Tilda Swinton), die ihn sponsern will, sofern er eine Ausstellung von ihrem "missverstanden" Künstler-Ehemann organisiert. Das Spielfilmdebüt des vierfach Emmy-nominierten Autors, Regisseurs und Hauptdarstellers Julio Torres (Saturday Night Live) kommt als schräge Aneinanderreihung von Sketchen daher und zeigt sowohl die Wirren der amerikanischen Einwanderungsbürokratie als auch die Absonderlichkeiten New Yorks.

Ausführliche Kritik bei epd-Film.

© Universal Studios

Regie und Buch: Julio Torres. Mit: Julio Torres, Tilda Swinton, RZA, Catalina Saavedra, Larry Owens, Greta Lee Länge: 104 Minuten FSK: ab 12 Jahren.

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