Staatsmedien in Polen
Dasselbe Spiel?
Die polnische Regierung versprach mehr Pressefreiheit – und jetzt?
Der polnische Premierminister Donald Tusk spricht während einer Pressekonferenz nach einer Regierungssitzung in Warschau, Polen, am 3. Januar 2024
Hoffnungsträger: Donald Tusk will die polnischen Staatsmedien reformieren
NurPhoto / Getty Images
Carsten Selak
16.01.2024
1Min

Verwirrspiel im polnischen Sejm: Zwar hatte die ­konservativ-liberale Koalition des neuen Ministerpräsidenten Donald Tusk bei den Parlamentswahlen im Oktober eine Mehrheit erlangt. Doch die nationalkonservative PiS-Partei erhielt mehr Stimmen und will deshalb die Regierungszügel nicht loslassen.

In den vergangenen acht Jahren hatte PiS die Gesetze des Landes verändert und verbogen, die Verfassungsgerichte und Staatsmedien mit ihren Vertrauenspersonen besetzt. Ganz so, wie es sich für eine autokratische Regierung gehört. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind systematisch zu einem Sprachrohr der PiS-Propaganda verkommen.

Genau das will Hoffnungsträger Tusk jetzt wieder ändern. Doch so einfach ist das nicht. Als am 20. Dezember die neu berufenen Chefredakteure in die Zentrale des Fernseh­senders TVP kamen, wurden sie von protestierenden ­PiS-Abgeordneten erwartet. Dieselben Abgeordneten waren zuvor der Abstimmung über die Neuordnung der Staatsmedien im ­Sejm ferngeblieben. Ihre Demo galt dem "Anschlag auf die Demokratie und Pressefreiheit".

Der Eklat endete schließlich damit, dass die neue, ­konservativ-liberale Regierung mehrere TV-Sender ­abschaltete und die Staatsmedien auflöste. Mittlerweile senden die Nachrichtensendungen unter neuem Namen wieder und wollen über das "wahre Weltgeschehen" ­berichten. Doch das Signal ist katastrophal. Die Polinnen und ­Polen beäugten skeptisch, dass auch die neue ­Tusk-Koalition so radikal vorging. Wird sich mit der neuen Regierung ­dasselbe illiberale Spiel wiederholen?

Permalink

Sehr gerehrte Frau Thor,
auf den ersten Blick könnte man natürlich den Eindruck gewinnen, die Regierung Tusk spiele dasselbe Spiel wie ihre Vorgänger.
Aber das erscheint mir auf den zweiten Blick nicht gerechtfertigt.
PiS hat schließlich jahrelang in einer Art "ethnischer Säuberung" in Verwaltung, Gerichten, Presse und Rundfunk praktisch alle Schlüsselpositionen mit verläßlichen Parteianhängern besetzt. Solange, wie diese Personen an diesen Stellen tätig sind, besteht mE keine Hoffnung auf die tatsächliche Einhaltung demokratischer Regeln wie zB die Unabhängigkeit von Presse, Rundfunk und Gerichten.
Eine ernsthafte Beurteilung ist natürlich erst möglich, wenn die Folgen der von der Tusk-Regierung durchgeführten Maßnahmen sichtbar geworden sind. Bis dahin würde ich Herrn Tusk und seiner Regierungskoalition einen Vertrauensvorschuß geben.
Einfach weitermachen mit den von der PiS gestalteten Strukturen wäre mE keine zukunftsträchtige Alternative gewesen.
Viele Grüße
Ulrich Paetzold

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