Gerd K. aus Cottbus fragt:
Nach einem langen Berufsleben haben wir unseren Kindern jeweils eine Wohnung gekauft, um sie abzusichern. Jetzt, in der Rente, wollen wir die Welt bereisen. Unser Sohn hat kürzlich ein Kind bekommen. Wir freuen uns über unsere Enkelin, aber unser Sohn erwartet, dass wir regelmäßig als Babysitter aushelfen. Auch finanziell möchte er noch unterstützt werden. So hatten wir uns den Ruhestand eigentlich nicht vorgestellt. Sind wir egoistisch?
Stefanie Schardien antwortet:
Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb, schreibt der Apostel Paulus (2. Korinther 9,7). Worauf er zielt: Wichtig ist, dass Gaben von Herzen kommen. Aus solchen Motiven heraus schließen Familien oft informell eine Art Generationenpakt auf privater Ebene: Man hilft sich zwischen Alt und Jung dann, wenn man kann, und darf dafür umgekehrt selbst auf Hilfe setzen, wenn man sie braucht – klassischerweise als Kind oder im Alter.
Ihr Sohn scheint nun – unklassisch – den Eindruck zu haben, dass er immer noch in einer Phase steckt, in der er Unterstützung benötigt, ja: einfordern kann. Und zwar sogar mehr, als Sie ihm ohnehin schon – vermutlich ja von Herzen – gegeben haben und anbieten. Kleine Küchenpsychologie am Rande: Womöglich hat diese "Rundumversorgung" auch zur immer höheren Erwartungshaltung beigetragen?
Nach der Trennung: Kontakt mit der Ex-Freundin des Ex-Mannes?
Glücklicherweise sind Sie in Ihrem familiären Generationenpakt noch nicht auf seine Hilfe angewiesen. Dass Sie eine Phase erleben wollen, in der Sie einmal weniger "geben" und selbst genießen, trägt dazu bei, dass Sie ein "fröhlicher Geber" bleiben. Darum sollte Ihnen Ihr Sohn dies schon aus Klugheitsgründen zugestehen, aber mit Gerechtigkeitssinn und Liebe eigentlich vor allem von Herzen gönnen.
Eine erste Version des Textes erschien am 30. August 2023.