Kinderwunsch
Ein ungewöhnliches Geschenk
Ihr sehnlichster Wunsch war es, Kinder zu bekommen. Doch sie hatte keine Gebärmutter. Wie ihre Schwester ihr weiterhalf
Lolita Carlerup (rechts) bekam die Gebärmutter ihrer Schwester Linda Wästerlund transplantiert. Lolita wurde schwanger – ihr Sohn Cash ist gerade acht geworden
Lolita Carlerup (rechts) mit ihrer Schwester und ihrem Sohn Cash
Margareta Bloom Sandebäck
Bernd EberhartUwe Ebert
Margareta Bloom ­SandebäckMargareta Bloom Sandebäck
Aktualisiert am 31.07.2024
11Min

Mit 14 Jahren erfahren andere Mädchen ­Monat für Monat, dass sie eine Ge­bärmutter haben. Ein Organ in ihren ­Bäuchen, ein etwa faustgroßer Sack. ­Irgendwann hat er ein Eigenleben ­entwickelt, eine Präsenz, deren Schleimhaut wächst und schrumpft, die manchmal blutet und manchmal nervt.

Mit 14 Jahren erfährt Lolita Carlerup, dass sie keine Gebärmutter hat. Dass es in ihrem Bauch kein Organ gibt, das wächst und schrumpft und blutet. Sie erfährt, dass ihr etwas fehlt, was bisher gar nicht gefehlt hat. In Lolitas Bauch entsteht keine Präsenz, kein Sack, kein Eigenleben.

Sie erzählt: "Ich hatte große Schmerzen im Bauch, darum hat mich meine Mutter nach Norrköping ins ­Krankenhaus gefahren. Dort hat der Arzt eine Untersuchung gemacht, dann noch eine, später eine Endoskopie. Es kamen immer mehr Ärzte dazu. Es wurde viel gestarrt."

Irgendwann an diesem Tag im Jahr 1995 sagte der Arzt zu Lolita: "Du hast keinen Uterus."

Als sie nach Hause kam, nahm ihre große Schwester Linda sie in den Arm. "Du kannst meine Gebärmutter ­haben", sagte sie. "Ich brauche sie nicht."

Im April 2022 scheint die Frühlingssonne durch die große Fensterfront in Lolita Carlerups Wohnung, unten plätschert ein Bächlein. Mit ihrer Familie wohnt sie in ­einer Kleinstadt nördlich von Stockholm. Im ­Wohnzimmer ­stehen Kinderbücher und Spielsachen ordentlich im ­Regal, die Wand hängt voll mit selbst gemalten Dino-Bildern. ­Lolita sitzt am Esstisch und erzählt ihre Geschichte. Sie redet schnell und viel, oft lacht sie. Manchmal verkneift sie sich das Weinen.

Traum vom Muttersein geplatzt

Nach dem Arztbesuch war für Lolita damals eine Welt zusammengebrochen. Nicht nur der Uterus fehlte ihr, sie hatte auch keine vollständig ausgebildete Vagina. Mit 17 Jahren wurde Lolita operiert, die Ärzte legten eine künstliche Vagina aus eigenem Körpergewebe bei ihr an, eine sogenannte Neovagina. Doch für Lolita machte das keinen großen Unterschied. Sie wusste immer noch nicht, wer sie war – was sie war. Eine Frau? Vom Aussehen, vom Hormonhaushalt her: Ja. Und doch würde sie nie die eine Erfahrung machen, die in ihren Augen eine richtige Frau aus ihr gemacht hätte.

"Als Kind war ich die beste Puppenmutter auf der ganzen Welt", erzählt Lolita. "Später habe ich die ganze Zeit babygesittet. Mein Traum war immer, irgendwann selbst Mutter zu sein. Dieser Traum ist geplatzt." Sie habe sich für ihren Körper geschämt, berichtet sie: "Es war, als hätte ich irgendetwas falsch gemacht, dass ich so geboren wurde. Erst mit 17 oder 18 habe ich einer Freundin davon erzählt. Wenn ich Jungs kennenlernte, wusste ich nicht, was ich ihnen sagen sollte, ob ich überhaupt etwas sagen sollte."

Linda Wästerlund ist vier Jahre älter als ihre kleine Schwester. Bei einem gemeinsamen Videocall Anfang 2023 scheint die alte Rollenverteilung durch: Die große Schwester erzählt laut, lacht, fragt; Lolita wartet ab, ergänzt. Als Kinder, berichten die Schwestern, hätten sie sich andauernd gestritten. Aber wenn es drauf ankam, hätten sie fest zusammengehalten. Damals hatte Linda völlig andere Sachen im Kopf als Lolita: Sie will frei sein, durch die Welt reisen, Abenteuer erleben. Sie will keine Kinder.

Auch für Lolitas Familie waren die Jahre nach dem Arztbesuch hart. Ihre Mutter machte sich Vorwürfe, fragte sich etwa, ob sie sich falsch ernährt habe, als sie mit ­Lolita schwanger war. Linda konnte es kaum ertragen, ihre ­kleine Schwester so leiden zu sehen. "Lolita wusste, dass sie immer mit uns reden konnte", erzählt sie. "Aber sie hat es nie getan."

Lolita Carlerup

Nicht nur Lolitas, auch Lindas Leben entwickelte sich anders als geplant: Ein paar Abenteuer, ein bisschen Freiheit – dann, 1997, war sie schwanger. Lolita war verzweifelt. Sollte sie sich vollends abwenden? Oder das Baby ihrer Schwester bedingungslos in ihr Herz schließen? Als der kleine Joshua auf die Welt kam, hatte sie sich entschieden: Sie durchtrennte die Nabelschnur – und wurde Patentante.

Ende 1999 bekam Lolita von einer Freundin ihrer Mutter einen Zeitungsausschnitt geschickt. Die "Göteborgs-­Posten" berichtete von einem verrückten Forschungsprojekt: Mats Brännström, ein junger Arzt an der Universitätsklinik Sahlgrenska in Göteborg, wolle herausfinden, ob sich eine menschliche Gebärmutter transplantieren lässt.

Irgendwie fand Lolita Carlerup die Telefonnummer von Mats Brännström heraus. Sie wählte die Nummer, immer und immer wieder. Schließlich hatte sie den Mann am ­Apparat, der ihr vielleicht helfen könnte aus ihrer elenden Lage. Doch Brännström wiegelte ab. Er war ganz am Anfang seiner Forschungen, die Uterustransplantation war wenig mehr als eine Idee. Brännström und Carlerup sollten zwölf Jahre lang nicht mehr voneinander hören.

Lesetipp: Mutter mit 70 werden - dank Leihmutter?

An einem Frühlingstag im Jahr 2022 empfängt Mats Brännström in seinem Büro in der Göteborger Klinik. Die Wände sind übersät mit Urkunden und Diplomen, da­zwischen Familienfotos. An einer Wand, ganz in der Mitte, zweimal der gleiche Fotoabzug in Postergröße: ein winziges Baby direkt nach dem Kaiserschnitt in der Uniklinik Sahlgrenska. Einmal in Farbe, einmal schwarz-weiß. "Das ist ­Vincent", sagt Brännström. Vincent, das erste Baby der Welt, das aus einem transplantierten Uterus geboren wurde.

Ursprünglich war Brännströms Chef an dem Forschungsvorhaben nicht groß interessiert gewesen: "Einen Uterus transplantieren? Warum sollten wir das tun?" Aber Brännström hatte eine Mitstreiterin: Randa Akouri. ­ Akouri war Labortechnikerin an der Uniklinik Sahl­grenska, sie war schnell und präzise. "Und sie war genau wie ich", sagt Brännström, "ein Dickkopf."

Randa Akouri brachte noch ihr drittes Kind auf die Welt, dann machte sie sich an die Arbeit. Sie arbeitete mit Mäusen und deren winzigen Mäuse­gebärmüttern. Wenn sie nicht bei ihrem Kind war, dann arbeitete Akouri, Tag und Nacht, und nach zwei Jahren und zehn Monaten hatte sie ihre Doktorarbeit fertig – und sie hatte nicht nur geschafft, fremde Gebärmütter in Mäusebäuche zu verpflanzen. Sie hatte es auch geschafft, dass darin gesunde Mäusebabys heranwuchsen und geboren wurden.

Randa Akouri führt durch die Abteilung Reproduk­tionsmedizin der Universitätsklinik Sahlgrenska: ein Behandlungsstuhl mit Beinauflagen. Eine Art Ministaubsauger zur Entnahme von Eizellen. Auf 37 Grad ­Celsius temperierte Wärmeschränke, beschriftet mit schwedi­schen Familiennamen, gefüllt mit Eizellen und ­Sperma, mit befruchteten Hoffnungen im Maulbeer- und Vielzellstadium. Auf dem Flur eine ganze Galerie mit Fotos von ­lachenden Babys.

"Die meisten Patientinnen kommen erst mal ans obere Ende des Flurs", erklärt Akouri. Dort ­finden die einfacheren Kinder­wunschbehandlungen statt, Zyklusoptimierung, Hormontherapien. Wenn das nicht funktioniert, wandern die Frauen immer weiter den Flur hinab. Insemination, In-vitro-Fertilisation, intrazytoplasmatische Spermieninjektion. Und sozusagen als letzte, als neueste, als exklusivste Stufe der Fruchtbarkeitsbehandlung in der Uniklinik Sahlgrenska: Gebärmuttertransplantation. 20 Frauen wurde diese hier zuteil, bei rund drei Viertel von ihnen ist die Operation gelungen. 14 Babys sind bisher daraus entstanden, im Frühjahr 2023 sind drei weitere Patientinnen schwanger.

An manchen Tagen hatte Randa Akouri sechs, sieben Mäusegebärmütter transplantiert. Als die erste Maus schwanger war, konnte sie es trotzdem kaum glauben. "Das war für mich der großartigste Moment im ganzen Projekt", erzählt sie und lächelt. Der zweitgroßartigste war die Geburt von Vincent, dem ersten Menschenbaby, zwölf Jahre später. In den Jahren dazwischen bekam Akouri weitere drei Kinder, studierte auch noch Medizin, machte ihren Abschluss, arbeitete als Ärztin. Und forschte immer weiter an der Uterustransplantation.

Lesetipp: Was die Diagnose Down-Syndrom mit Familien macht

Über die Jahre waren noch viele andere Ärztinnen und Wissenschaftler beteiligt, haben zusammen geforscht und geübt: nach der Maus an der Ratte, dann am Kaninchen, am Schwein, am Schaf, am Schimpansen. Teils operierte das gesamte Team genau in der Besetzung, wie es später die ersten menschlichen Patientinnen operierte. Nur mit dieser akribischen Vorbereitung, sagt Mats Brännström, habe er das Risiko dieser neuen Operation eingehen können.

Im Jahr 2011 war es wieder ein Zeitungsartikel, der Lolita Carlerup und Mats Brännström zusammenbrachte. "Es stand nicht viel mehr drin als: ‚Wir sind jetzt bereit, eine menschliche Gebärmutter zu transplantieren.‘", er­innert sich Carlerup. Sie meldete sich erneut in Göteborg. Im September wurde sie zu einer ersten Untersuchung eingeladen.

Direkt danach rief sie ihre Schwester an. Linda hatte im Lauf der Jahre noch drei weitere Kinder bekommen. Und sie hatte ihr Versprechen an die 14-jährige Lolita nicht ­vergessen. "Es war, als hätte ich sie gefragt, ob sie mir einen Pulli ausleiht", erzählt Lolita. "Sie sagte nur: ‚Wann und wo?‘"

Noch war nicht klar, ob Lolita für die Transplantation infrage kommen würde. Doch immerhin hatte sie endlich einen Namen bekommen für ihre Krankheit, ein Etikett für ihr Leiden: MRKH – das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-­Syndrom. Eine Fehlbildung der weiblichen ­Genitalien, die Vagina endet nach wenigen Zentimetern, der Uterus fehlt. Ungefähr eine von 5000 Frauen hat MRKH, allein in Deutschland sind das rund 8000 Betroffene.

Die ­Ursache ist unklar, auch, inwieweit erbliche oder epigenetische Komponenten eine Rolle spielen. Es gibt zwar familiäre Häufungen, doch es gibt auch nur halb betroffene ein­eiige Zwillingspaare: eine Schwester mit, die andere ohne Gebärmutter. Für Carlerup war allein die Diagnose, der Name für ihre Situation eine Erleichterung – als ob damit wieder ein Stück Identität in ihr Leben gekommen wäre. Und vor allem erfuhr sie endlich, dass sie nicht allein ist auf der Welt.

Lesetipp: Gibt es ein Recht auf ein Kind?

Bereits im Dezember begannen die Ärzt*innen mit Hormonbehandlungen, im Frühjahr 2012 fuhr Carlerup zur Eizellentnahme nach Göteborg. Davor hatten sie und ihr Mann bereits etliche Untersuchungen und ­Aufklärungsgespräche über sich ergehen lassen, Lolitas Körper wurde genauso durchleuchtet wie ihre Beziehung und ihre psychische Verfassung. Zehn Embryos warteten nun im Gefrierschrank, und mit ihnen wartete Lolita ­Carlerup ein Jahr lang voller Ungeduld. Dann kam der Bescheid aus Göteborg: Als eine von neun Patientinnen war sie Teil der ersten Kohorte für die Gebärmuttertransplantation.

Am 15. März 2013 fuhren die Schwestern nach ­Göteborg. Am nächsten Morgen um sechs Uhr öffnete das Team von Mats Brännström Lindas Bauchdecke. Die Entnahme der Gebärmutter ist der schwierigere Teil, sie kann sechs, acht, sogar über zehn Stunden lang dauern. Vor ­einer Transplantation müssen Spenderin und ­Empfängerin rigorose Tests durchlaufen. Nur ein völlig gesundes Organ kann entnommen werden – und eines, das seine Funktion bewiesen, also schon mindestens ein Kind ausgetragen hat. Dennoch besteht das Risiko, dass der Uterus nach der Entnahme verworfen werden muss.

Um die Mittagszeit kam eine Krankenschwester zu ­Lolita ins Zimmer: "Du bist dran."

Linda Westerlund

"Ich hatte keine Angst. Ich wollte diese Operation so sehr, und wenn ich dabei sterben würde", erzählt Lolita. Kurz nach der Operation hatte sie große Schmerzen. Aber sie fühlte sich wie ein neuer Mensch: "Ich war endlich vollständig. So viel Leid war jahrelang mit diesem Or­gan verknüpft gewesen. Dann hat die Gebärmutter meiner Schwester gemacht, dass ich mich als Frau fühlte. Ich hatte endlich die Chance, Kinder zu bekommen!"

Und Linda Wästerlund? "Ich war froh, dass ich meinen Uterus los war", lacht sie. Sie habe sich komischerweise auch mehr als Frau gefühlt als davor. "Ich fand es toll, dass ein Teil von mir in Lolitas Bauch war. Es war, als würde ich damit noch weiter aufblühen."

Lesetipp: Embryonen im US-Wahlkampf

Am 27. April hatte Lolita Carlerup zum ersten Mal ihre Periode – mit 32 Jahren. Sie rief ihre große Schwester an: "Linda, es ist ekelhaft, was soll ich tun?" Linda lachte. Und war froh: "Lolita, das Ding funktioniert!"

Nach der Operation musste Carlerup ein Jahr lang warten, bevor die Ärzt*innen ihr den ersten Embryo einsetzten. Embryo Nummer sechs nistete sich endlich in der Gebärmutter ein. Während der Schwangerschaft war ­alles in Ordnung, das Baby wuchs, ein großer Junge. ­Lolita war glücklich: "Ich weiß noch genau, wie ich das erste Mal vor dem Spiegel meinen Babybauch entdeckte. Es war ­unglaublich. Von ‚ich werde nie, niemals eine Mutter sein‘ zu ‚ich bin schwanger‘ – ich konnte das gar nicht fassen."

Am 27. Juni 2015 bekam Lolita Carlerup per Kaiserschnitt einen gesunden Sohn: Cash.

Sobald der Uterus nicht mehr gebraucht wird, muss er entfernt werden

Von den neun Frauen in der ersten Kohorte war Carlerup die vierte, die ein Kind gebar. Cash ist das vierte Kind auf der Welt, das in einem transplantierten Uterus herangewachsen ist. Acht der neun Frauen haben mittlerweile ein Kind geboren, einige sogar zwei. Auch Carlerup und ihr Mann überlegten lange, ob sie einen weiteren der eingefrorenen Embryos einsetzen lassen wollen. Doch ihre Blutwerte waren nicht gut.

Ein transplantiertes Organ ist eine große Belastung für den Körper. Das Immunsystem muss mit Medikamenten unterdrückt werden, um eine Abstoßung zu vermeiden, ­Leber und Nieren werden belastet. Sobald der Uterus nicht mehr gebraucht wird, muss er entfernt werden. Ein halbes Jahr nach Cashs Geburt entschied sich Lolita Carlerup, ihre Gebärmutter wieder entnehmen zu lassen.

"Ich war traurig, als sie den Uterus wieder herausgenommen haben", erzählt sie. "Aber dieses Gefühl, nicht richtig, nicht vollständig zu sein, das kam nie wieder. Mein Sohn hat gemacht, dass ich am Leben bin. Manchmal schaue ich Cash an und mir wird bewusst, was passiert ist. Ich kann es nur für ein paar kurze Sekunden lang verstehen. Dann ist der Gedanke schon wieder viel zu groß."

Mats Brännström forscht weiter an der Uterustransplantation. Weltweit sind mittlerweile über 45 Kinder auf diese Weise zur Welt gekommen. Tschechien, Frank­reich, Serbien, Libanon, Indien, China, USA – gut hundert Frauen wurde bisher eine Gebärmutter eingesetzt. Meist sind es MRKH-Patientinnen, andere haben ihren Uterus durch eine Krebsoperation verloren. Die meisten Organe stammen von den Müttern der Patientinnen, einige von den Schwestern, wenige von engen Freundinnen. Und ­eine Handvoll Frauen hat die Gebärmutter einer hirntoten Spenderin erhalten.

In den vielen Gesprächen vor einer Organtransplan­tation warnen Ärztinnen und Ärzte auch, dass sich die Beziehung zwischen Spenderin und Empfängerin verändern kann; es kann mitunter Schuldgefühle, Vorwürfe, sogar Eifersucht geben. Wie war das bei Lolita und Linda – hat sich etwas verändert in ihrer Beziehung? Im Videocall schütteln beide den Kopf: "Nein." "Wieso denn auch?", fragt Linda. "Lolita hat sich doch nur meine Gebärmutter ausgeliehen."

Nach dem Interview im April 2022 holt Lolita ihren Sohn bei einer Freundin ab. Ein kleiner blonder Junge hüpft die Treppe herunter, versteckt sich hinter seiner Mutter. Neugierig schauen seine Knopfaugen hinter ihren Beinen hervor.

Lesetipp: Wie eine junge Mutter die Wochenbettdepression überstand

"Was macht eine Frau zur Frau?" Lolita zögert mit der Antwort. "Das Wichtigste ist, dass jede Frau das selbst für sich entscheiden kann. Ich war keine Frau – ich wusste nicht, was ich war." Ein paar Monate nach der Geburt war sie zu einem Treffen von MRKH-Patientinnen in Göteborg eingeladen, erinnert sie sich. "Ich hatte Cash auf dem Schoß, mein Baby. Da saß mir diese Frau gegenüber am Tisch. Ich habe in ihre Augen gesehen. Ich habe diesen Blick wiedererkannt – voller Schmerz, voller Neid."

"Warum du?", schien dieser Blick zu fragen. "Warum nicht ich?" Lolita Carlerup hofft, dass viele andere Frauen die ­gleiche Chance bekommen wie sie. Ihre Nichte, Linda Wästerlunds jüngste Tochter Angelina, ist heute 15 Jahre alt. Letztes Jahr hat sie eine Diagnose bekommen: MRKH.

Eine erste Version dieses Textes erschien am 10. Juli 2023.

Infobox

Situation in Deutschland

In Deutschland ist die Uniklinik in ­Tübingen der einzige Ort, an dem Uterustransplantationen durchgeführt werden – und die einzige Klinik weltweit, bei der die Operation offiziell als klinische Behandlung zugelassen ist. Der Eingriff wird ­damit von den Krankenkassen bezahlt. Pro Jahr erhalten die Tübinger Ärzt*innen über hundert relevante Anfragen. In aufwendigen Scree­nings suchen sie geeignete Kandidatinnen aus.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.
Permalink

Tierleid muss benannt werden!
Ich war sehr schockiert, als ich den Artikel "Das Geschenk" (chrismon 07.2023, S. 10-15) las. In aller Ausführlichkeit beschreibt die Autorin die Gefühle der beiden Schwestern, von denen eine der anderen ihre Gebärmutter "geschenkt" hat, ihre Freude über den Sohn der in der transplantierten herangewachsen ist.
Absolut kalt und empathielos beschreibt sie dagegen die Entwicklung der Operationstechnik, als ob die zahlreichen Mäuse und anderen Säugetiere (inklusive einer Schimpansin), an denen geübt wurde, Gegenstände wären. Sie sind aber fühlende und leidensfähige Lebenwesen, unsere Mitgeschöpfe! Diese hilflosen Geschöpfe wurden ihrer Freiheit, ihrer körperlichen Unversehrheit und wahrscheinlich schließlich auch ihres Lebens beraubt. Sie durchlebten Angst, erlitten Schmerzen, an ihren kleinen Körpern wurden völlig unnötige Operationen durchgeführt. Ich finde es sehr traurig, dass diese Opfer in einer christlichen Zeitschrift nicht mit den Augen der Liebe und des Mitgefühls betrachtet werden. Albert Schweitzer, der Begründer der Theologie der Ehrfurcht vor dem Leben, hat es einmal so ausgedrückt:"Das Mitfühlen mit allen Geschöpfen ist es, was den Menschen erst wirklich zum Menschen macht." Unsere Gesellschaft ist leider noch weit davon entfernt, was sich auch an der Ignoranz gegenüber dem Leiden der Tiere in diesem Artikel zeigt.
Christel Reuter

Permalink

Hallo Chrismon-Team!

Das ist doch schön, da bleibt wenigsten alles in der Familie. Ob der Sohnemann Cash wohl zu beiden Frauen Mama, Mami, Mutti oder ähnliches sagt?

"Die Mutter ist eine Frau, deren Liebe der Himmel gesegnet hat", das sagte einst der große französische Schriftsteller, Maler und Journalist Emile Zola (1840-1902) über die Rolle der Frau und Mutter!

Ihr Klaus P. Jaworek

Permalink

Liebes Team,

vielen Dank für diesen aufschlußreichen Artikel. Ich wußte zwar, daß an diesemThema gearbeitet wird, aber die Details kannte ich nicht. Einen Aspekt möchte ich noch hinzufügen, der in dem Artikel keine Erwähnung fand. Mit dieser Methode kann auch eine Transfrau Mutter werden. Vielleicht erlebe ich das noch (bin 65 und selbst Transfrau).

Mit lieben Grüßen

Monika Forster

Permalink

Sehr geehrte (total weibliche!) Redaktionsleitung!

Ich wusste noch gar nicht, dass zum Kinderkriegen eine Gebärmutter genügt.

War das älteste von vier gesunden Kindern mittlerweile vier Jahre alt (S.15)
oder ist es gerade acht Jahre alt geworden (S.11)?

Mit freundlichem Gruß
Opa Schwinge

Permalink

Den Wunsch von Lolita Carlerup nach einem Kind kann ich gut verstehen. Und ich freue mich mit ihr, dass sie eines bekommen hat. Meine Frage ist: Was geschieht mit den übrigen vier Embryonen? Gibt es in Schweden ein Embryonenschutzgesetz und wie steht es damit eigentlich in Deutschland?

Marion Harnisch