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Das Bild oben hat Donatello (1386 bis 1466), florentinischer Renaissance-Bildhauer, geschaffen. Es ist ein Andachtsbild. Es wurde also nicht für einen Altar in einer Kirche geschaffen, sondern für einen privaten Raum: ein Zimmer in einem Palast, ein bürgerliches Schlafzimmer oder eine Zelle in einem Kloster. Andachtsbilder sollen der privaten Meditation dienen, dem einsamen Morgen- oder Abendgebet im stillen Kämmerlein. Manche von ihnen hingen auch im Schlafzimmer und sollten der Frau beim gefährlichen Gebären beistehen.
Von den großen Altären unterscheiden sie sich dadurch, dass sie nicht die ganze Heilsgeschichte vorstellen, sondern sich auf einen intimen Moment konzentrieren. Hier ist es die Zuneigung und Nähe Marias zu ihrem kleinen Kind. Oft hat sich Donatello diesem Motiv gewidmet, ohne dabei müde oder langweilig zu werden. Dieses ist vielleicht das schönste seiner Madonnen-Andachtsbilder. Fest und sicher hält die Mutter ihr Kind. Gut genährt, natürlich-lebendig und verspielt wirkt der Junge. Nichts scheint die beiden trennen zu können. Ihre Gesichter sind so dicht beieinander. Doch der Blick der Mutter scheint etwas zu sehen, was dem Kind noch verborgen ist. Es ist, als ob eine Wehmut, ein vorauseilender Schmerz sie innerlich erfüllt. So als sähe sie schon das Ende, das ihrem Sohn bestimmt sein sollte.
Ein klassisches christliches Bildmotiv möchte man meinen. Aber man sollte seine Modernität nicht übersehen: die virtuose Handhabung der Zentralperspektive, aber auch die erstaunliche Weltlichkeit der Figuren, denn weder Gottesmutter noch Christuskind tragen einen Heiligenschein. So sehen sie für den oberflächlichen Betrachter wie ein traditionelles Mutter-Kind-Bild aus, doch der andächtige Blick sieht mehr und anderes darin. Ihn kann man jetzt in der wunderbaren Donatello-Ausstellung der Gemäldegalerie einüben – mitten im säkularen Berlin.
Die Ausstellung läuft noch bis 8. Januar 2023 in der Gemäldegalerie