Mail aus Taiwan
NEW TAIPEI CITY, TAIWAN - JULY 27: Taiwanese military personnel secure a perimeter during the Han Kuang military exercise, which simulates China's People's Liberation Army (PLA) invading the island on July 27, 2022 in New Taipei City, Taiwan. Taiwan military launches a weeklong of live fire drills involving all forces of the military to repel simulated attacks from China. (Photo by Annabelle Chih/Getty Images)
Getty Images/Annabelle Chih
"Angst ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können"
Voller Entsetzen blicken Taiwanesen auf die Ukraine und sorgen sich vor einem Angriff Chinas. Ein Anwalt berichtet aus Neu-Taipeh.
29.07.2022

Es ist nun fünf Monate her, dass Russland in die Ukraine eingefallen ist. In Taiwan fragen sich viele besorgt, ob Russlands größter Verbündeter China einen ähnlichen Angriff auf Taiwan unternehmen wird. Denn China behauptet fälschlicherweise, das demokratische Taiwan sei irgendwie Teil des autoritären Chinas, und dass man auch vor einer militärischen Invasion nicht zurückschrecke, um Taiwan zu annektieren.

privat

Christopher Lin

Christopher Lin, 37, ist Mitglied der Presbyterian Church in Taiwan (PCT) und arbeitet als Anwalt in Neu-Taipeh und Washington D. C.

Seit Jahrzehnten leidet Taiwan unter der diplomatischen und militärischen Aggression Chinas. Seit 2016 schickt China Militärflugzeuge in Taiwans Luftverteidigungszone ("ADIZ"), so dass Taiwan seine eigenen Kampfflugzeuge starten musste, um die feindlichen Flugzeuge zu vertreiben. Allein im Jahr 2021 hat China rund 950-mal Kampfflugzeuge in Taiwans ADIZ entsandt, was die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts erhöht. Und das alles, ohne dass es einen Grund dafür gibt. Aber Russland hat die Ukraine ja auch überfallen, ohne sich zu rechtfertigen.

Wir Taiwanesen sind entsetzt über die Gräueltaten, die in der Ukraine stattfinden. Zugleich ermutigt es uns, wie entschlossen die Ukrainer und Ukrainerinnen ihre Souveränität verteidigen, obwohl sie es mit der militärischen Aggression einer Großmacht zu tun haben. Die Ukrainer zeigen uns, wie Menschen aus scheinbar kleineren Nationen diesen ehrgeizigen Großmächten auf Augenhöhe begegnen können.

Ich wüsste, was im Notfall zu tun wäre

Die meisten taiwanesischen Männer haben eine militärische Grundausbildung absolviert oder vor Beginn ihrer beruflichen Laufbahn im Militär gedient. Ich habe nach meinem Collegeabschluss und bevor ich Anwalt wurde ein Jahr lang im Marinekorps gedient. Mein Bruder hat eine militärische Ausbildung bei der Armee absolviert. Wir wurden an Schusswaffen und in militärischen Operationen ausgebildet und haben an mehreren Militärübungen teilgenommen. Auch wenn ich - wie die meisten Taiwanesen - diese obligatorische Militärausbildung nicht wirklich genossen habe, so weiß ich jetzt immerhin, was ich tun müsste, wenn es nötig wäre.

Ich würde es natürlich vorziehen, nicht in einen militärischen Konflikt verwickelt zu werden, aber ich halte es für meine Pflicht, meine Familie, mein Land und die Werte, an die ich glaube, zu verteidigen, wenn ich einem Angreifer gegenüberstehe. Ich glaube auch, dass meine taiwanesischen Mitbürger genauso denken und nicht zögern werden, sich zu verteidigen, wenn unsere Lieben und unsere Lebensweise auf dem Spiel stehen. Angst ist ein Luxus, den wir uns nicht leisten können. Die einzige Frage ist, ob wir auf alles vorbereitet sind.

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Ein Land mit einer Armee ist immer autoritär und angstbeladen, aber besonders die TOTALE Unterwerfung unter eine SCHEINBAR alternativlose "Vernunft" des nun "freiheitlichen" Wettbewerbs (sterben für die wettbewerbsbedingte Symptomatik in Steuern zahlen, usw., obwohl ein globales Gemeinschaftseigentum alles wirklich-wahrhaftig vernünftig/gottgefällig befrieden würde) ist SCHEINBAR antiautoritär, aber vor allem unchristlich!?

In der Konfusion ist die Angst vor fusionierender Kommunikation besonders groß.