Selbstgemachter Leberkäs‘ - ohne Hawaii
Selbstgemachter Leberkäs‘ - ohne Hawaii
Susanne Breit-Keßler
Leberkäs Hawaii
Manches, was Menschen essen, braucht Toleranz
01.06.2021

Den Kabarettisten Gerhard Polt kennen viele Leute – auch außerhalb Bayerns. Der vielfach ausgezeichnete Autor, der Politikwissenschaft,  Skandinavistik und das Altgermanische studiert hat, schreibt und inszeniert Texte, die einem den Atem stocken oder einen vor Lachen schier zerplatzen lassen. Immer lenkt er den Blick auf das Detail, das Kleine, Alltägliche, um große Linien im Leben des Einzelnen und der Gesellschaft aufzuzeigen.

Zu den Highlights, die Insider auswendig mitsprechen, gehört der „Leberkäs Hawaii“. Polt berichtet von seiner Kioskfreundschaft „Rudi Lölein“. Und er gibt das Rezept wieder, das ihm der Rudi ans Herz gelegt hat: „Eine Scheibe Leberkäs, kein Ei, da müssen‘s aufpassen, dass kein Ei draufkommt, alles in der Pfanne schwarz braten, das ist wichtig, dass er ganz schwarz wird. Dazu Curryreis, Red Beans, Pomm Fritz san a guad.“

Blattgold mit Steak

Schließlich: „Und am Schluss eine Scheibe Ananas, Ketchup, Thymian und Oregano drauf. Und Mixed Pickles, die gibt‘s ja in diesen Büchsen. Ob Sie’s glaum oder net, des Rezept habe ich noch in keinem Kochbuch gefunden.“ Inzwischen gibt es dieses wüste Rezept in vielen Kochbüchern, Food-Magazinen und renommierten Wochenzeitschriften. Etwas verfeinert natürlich. Es bleiben meist nur Leberkäs, Ananas, etwas Käse und Toast.

Den Gourmet graust es dennoch. Die zitierte Kombi ist eine grandiose Geschmacksverirrung. Pffäähh. Pizza mit Schokoaufstrich? Eis mit Weißwurstgeschmack? Kakao mit geschmolzenem Käse? Whiskey mit Gurkenwasser? Pommes im Milchshake? Banane mit Ketchup? Grundgütiger. Andererseits: Mein Mann liebt Kuchen mit einem alkoholfreien Weißbier als Nachtisch und gießt Apfelsaft in seinen grünen Tee.

Muss ich ihn deswegen belehren? Echt nicht. Leben und essen lassen – so schaut Liberalität aus. Früher hätte man Orange mit Kaffee, Mango mit Chili und Erdbeeren mit Aceto auch nicht kombiniert. Ist aber gut. Solange ich keinen Gorgonzola mit warmer Milch zu mir nehmen muss oder Blattgold mit Steak – beides voll pervers –, bin ich froh. Jetzt habe ich Hunger. Ich mache mir ein Käsebrot mit Orangemarmelade. Aprikose geht auch.  
Vom Blog zum Buch:
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Kolumne

Susanne Breit-Keßler

Essen und Trinken hält Leib und ­Seele zusammen. Und darüber Neues zu lesen, macht den Geist fit. Viele Folgen lang hat Susanne Breit-Keßler Ihnen Woche für Woche ihre Gedanken dazu aufgeschrieben und guten Appetit gewünscht. Im Sommer 2024 endete die Kolumne. Die Texte sind weiter im Archiv abrufbar.