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Eis kann man immer essen. Zu jedem Anlass. Jetzt gibt es eine neue Sorte. Der Italiener Pietro Vannini wollte in seiner Eisdiele auf dem Wormser Marktplatz einen Beitrag zum Luther-Jubiläum leisten. Der Reformator ist vor 500 Jahren von Wittenberg in die Stadt am Rhein aufgebrochen, um dort auf dem Reichstag seine kirchenkritischen Thesen vor Kaiser und Vaterland sowie den Abgesandten des Papstes theologisch zu verteidigen. Überzeugen konnte er sie nicht. Umgekehrt haben sie den couragierten Mönch aber auch nicht kleingekriegt. „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Gott helfe mir - Amen!“, soll Luther gesagt haben. Seine geistliche Kraft hatte viele Innovationen in Kirche und Gesellschaft zur Folge – bis heute. Ein sehr guter Grund zu feiern.
Was das mit Eis zu tun hat? Zuerst mal nichts. Aber der weltoffene Pietro Vannini wollte auf Anregung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau eine verlockende Süßspeise kreieren, die Menschen zusammenbringt. Passend zu den Feierlichkeiten „500 Jahre Wormser Reichstag“ und zur nächtlichen Multimedia-Show „Der Luther-Moment“ am 17. April in Vanninis direkter Nachbarschaft. Die Show wird übrigens vom SWR live übertragen und am 17. April überträgt das ZDF den Fernsehgottesdienst direkt aus Worms. Der Katholik aus einem abgelegenen Dolomitental, der vor 40 Jahren nach Deutschland kam, hat sich richtig ökumenisch reingehängt. Seine Recherche, was Menschen im 16. Jahrhundert gerne gegessen haben, war außerordentlich erfolgreich.
Eis mit Kümmel und Koriander
Das Luthereis besteht aus Milch, Sahne, Butter und Ei. Dazu kommen Kümmel und Koriander. Das Ganze wird abgerundet mit Honig, kandierten Früchten und Mandelkeksen, wie man sie in Luthers Arbeitsräumen gefunden, aber natürlich frisch gebacken hat. Wer einen ganzen Lutherbecher schnabulieren will, kriegt noch Zimtsahne dazu. Natürlich ist das Eis ein gutes Geschäft. Pietro Vannini macht damit bundesweit ziemlich Furore. Aber warum nicht? Der große Reformator liebte die guten Dinge des Lebens. Sein geliebtes Bier, Brathering und Erbsenpüree, Brotklöße und Lauchmus, das Obst aus dem eigenen Garten – wer weiß, ob Gattin Katharina ihm nicht auch schon Eis serviert hat. Gekannt hat man es.
Nachdem ich es momentan nicht nach Worms schaffe, werde ich versuchen, das Eis selber zu machen. Und beim süßen Genuss an Luthers Worte denken: „Was sagt unser Herr Gott droben im Himmel dazu, daß wir also hie sitzen und seine Güter verzehren? Nun, er hat´s darum geschaffen, daß wir sie brauchen sollen, fordert anders nichts von uns, denn daß wir erkennen, daß es seine Güter sind und ihr mit Danksagung genießen.“ Das mache ich doch gerne. Vielen Dank, lieber Gott, für alles, was ich essen und trinken darf. Ich danke Signor Vannini für die köstliche, konfessionsverbindende Idee. Und danke Martin Luther für die Einsicht, dass ich mein Leben nicht sauertöpfisch und verbissen, sondern getrost und beschwingt gestalten kann.
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