Während des Lockdowns im Gefängnis sitzen – wie ist das? Ein junger Gefangener lacht ein bisschen, als er antwortet: "Jetzt sind alle eingesperrt. Nur wir haben Übung darinnen." Er sitzt eine lange Haftstrafe ab, ich kenne ihn seit sechs Jahren. Gefangene wie er profitieren sogar von der Corona-Pandemie, denn sie sehen ihre weit entfernt wohnenden Eltern und Freunde jetzt öfter als früher – zumindest auf dem Bildschirm. Da Besuche stark eingeschränkt werden müssen, ermöglichen viele Justizvollzugsanstalten den Gefangenen häufige Videoanrufe, meist haben sie extra Videoräume eingerichtet.
Härter ist es für manche Gefangene im Maßnahmenvollzug, einem speziellen Gefängnis für Täter, die aufgrund mangelnder Schuldfähigkeit nicht verurteilt werden konnten oder als gefährlich für die Allgemeinheit gelten. Sie können erst entlassen werden bzw. in eine Übergangseinrichtung wechseln, wenn ein Gericht sie als nicht mehr gefährdend einstuft. Voraussetzungen sind dafür unter anderem viele Ausgänge, mit und ohne Begleitung durch Sozialarbeiter.
Ein junger Mann hatte sich anfangs ausgerechnet, dass es für ihn recht schnell gehen könnte damit. Aber durch Corona ist alles in weite Ferne gerückt. Er hat erst einen Ausgang von nur wenigen Stunden hinter sich, weitere sind zurzeit nicht möglich. Bei einem anderen verzögert sich die Entlassung um zwei Jahre, die Familie wartet sehnsüchtig auf ihn. Seine Freundin darf er bestenfalls über Videoanruf sehen. Sie besuchte ihn sonst wöchentlich, einmal im Quartal waren sie für einige Stunden ungestört.
Die Gefangenen sorgen sich zusätzlich, dass sich die Epidemie in der Anstalt ausbreitet. In österreichischen Gefängnissen gab es zum Glück noch keine Ausschreitungen wie in anderen Ländern. Das liegt auch an den Insassen. Sie fühlen sich durch die Pandemie wieder mehr in die Gesellschaft integriert. Als Eingesperrte sind alle Leidensgenossen.