Das Projekt - Mukweges Stiftung
Das Projekt - Mukweges Stiftung
Fabian Weiss / laif
"Er gab uns das Leben zurück"
Für viele vergewaltigte Frauen im Kongo ist Denis Mukwege die letzte Hoffnung. Nun ist er selbst bedroht.
privat
25.11.2020

Säuglinge, Mädchen, Frauen, Großmütter und auch Männer und Jungen werden auf grausame Art vergewaltigt, oft öffentlich und ­kollektiv. (...) Ich erspare Ihnen die Einzelheiten." ­Diese Sätze sagte der kongolesische Gynäkologe ­Denis Mukwege, als ihm 2018 in Oslo der ­Friedensnobelpreis verliehen wurde für seinen Einsatz gegen sexuelle Gewalt und andere Menschenrechtsverbrechen in seinem Land. 

Er appellierte an die Völkergemeinschaft, dem Krieg, dem Sterben und dem Leid in der Demokratischen ­Republik Kongo ein Ende zu setzen. "Es sind nicht nur die Gewalttäter, die verantwortlich sind, es sind auch die, die sich entscheiden wegzuschauen", sagte er in ­seiner ­Nobelpreisrede. Nun muss Mukwege selbst um sein ­Leben fürchten und wird von UN-Blauhelmsoldaten und von der Polizei bewacht. Ein ruandischer Politiker hatte ihn ­öffentlich in Verbindung mit Terroristen gebracht.

privat

Andrea Jeska

Andrea Jeska wurde im vergangenen Jahrtausend geboren, ist dennoch nicht weißhaarig, sondern immer noch diffus blond. Als Kind wollte sie Lotse auf der Weser werden und fragt sich bis heute, wie sie stattdessen im Journalismus landen konnte. Sie hat in Fredericksburg, USA und Tokio, Japan gelebt, eher die Welt als die Schriften studiert, drei wundervolle Töchter großgezogen und etliche Bücher zu diesem und jenem Thema geschrieben. Auch wenn sie die mit ihrem Beruf einhergehenden Reisen und Abenteuer mag, ist der schönste Ort für sie der kleine Garten hinter ihrem kleinen Haus in ihrem kleinen Dorf am Ende der Welt.

Denis Mukwege, Sohn eines protestantischen Pastors, ist der Begründer und Leiter der Panzi-Klinik in der ostkongolesischen Stadt Bukavu und einer der ­wenigen ­weltweiten Spezialisten für vesikovaginale und rekto­vaginale Fisteln – Risse in den Trennwänden ­zwischen Vagina, Blase und Darm. In der Demokratischen Republik Kongo haben Tausende von Frauen eine oder ­mehrere ­Fisteln aufgrund der brutalen Vergewaltigungen. ­Manche der Opfer sind nicht einmal zwei Jahre alt. Die betroffenen Frauen werden aus ihren Familien und Dorfgemeinschaften verstoßen. Mukwege war und ist ihre einzige Hoffnung auf Heilung.

Rund 85 000 Frauen und Mädchen sind nach eigenen Angaben in seinem Kranken­haus in den vergangenen 20 Jahren operiert worden. Viele erhalten hinterher eine Ausbildung zur Näherin, um sich ernähren zu können. "Er hat uns das Leben zurück­gegeben", sagen die Patientinnen über Mukwege.

Die Täter zur Rechenschaft ziehen

Den Zorn Ruandas hat sich der Arzt zugezogen, weil er ein Sondertribunal zur Aufklärung der Kriegsverbrechen im Kongo forderte, auch solcher, die in einem Bericht der Vereinten Nationen der ruandischen Armee vorgeworfen werden.

Zur Panzi-Klinik gehört die gleichnamige Stiftung, die mit Rechtsexperten und humanitären Organisationen ­zusammenarbeitet, um Massaker und sexuelle Gräuel zu dokumentieren und Beweise zu sammeln sowie den ­Opfern Klage gegen die Täter zu ermöglichen. Im vergangenen Jahr wurde aufgrund der Arbeit der Stiftung ein Milizenführer wegen Folter und Vergewaltigung zu dreißig Jahren Haft verurteilt, die meisten Täter aber kommen ungestraft davon. Doch ohne Gerechtigkeit, auch das hat Mukwege bei der Verleihung des Nobelpreises 2018 gesagt, könne es keinen Frieden geben.

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