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Ich mag es nicht so gern, wenn alle möglichen Bücher und Lebensbereiche literarisch mit dem Zusatz „Bibel“ aufgewertet werden. Fressbibel, Fußballbibel, Gartenbibel, Gewürzbibel, Liebesbibel, Schlafbibel ... Nein. Kommt mir eher nicht ins Haus. Lieber ist mir, wenn jemand über Essen, Kräuter, Blumen und Pflanzen, über Beziehungen, Träume und Bewegung in der Bibel schreibt. Solch thematisch konzentrierten Bücher finde ich potzinteressant. Zum schnellen Nachschlagen außerdem super.
Abgesehen von diesem bildungsbürgerlichen Aufschwung gibt es eine feine, genussvolle Ausnahme. „The Cocktail Bible. An A-Z of two hundred classic and contemporary cocktails“. Ein kleiner schnuckeliger Band, den mir mein bester Freund geschenkt hat. Er ist selber Theologe und weiß die guten Gaben Gottes wohl zu schätzen. Das Buch fasst sich außen samtig an. Innen sind die Seiten aus dickem Wohlfühlpapier. Keinerlei Bilder, nur Cocktailrezepte mit Anekdoten für Neugierige und coolen Techniken für Abenteuerlustige.
Auf das Leben!
Ich kann stundenlang darin schmökern und mir einfach nur vorstellen, wie alles schmeckt. Es ist wie mit Reiseliteratur: Berichte über ferne Länder beglücken auch dann, wenn man nicht sofort selber hinreist. Cocktails sind keine simple Mischung von Flüssigkeiten zum gierigen Hinunterschütten. Sie sind Ausdruck von Ideen und Kreativität, auch von Einfühlungsvermögen des Bartenders für den Gast. Der kommt manchmal und sagt nur: „Machen Sie mir einen Drink.“ Da braucht es so etwas wie seelsorgliche Fähigkeiten.
Cocktails haben eine Geschichte, sie passen zu bestimmten Momenten wie dem Beginn eines Festes, dem Ausklang eines Abends, der Freude über eine Hochzeit, das Jubiläum oder den Geburtstag. Und mit dem Mixen ist es wie im richtigen Leben: Es gibt Rezepte, Mengenangaben und Maßeinheiten. Aber manchmal braucht es abseits vom Gewohnten und Vorgeschriebenen einen Schuss mehr Süße, etwas weniger Bitteraroma, einen zusätzlichen Hauch Schärfe, vielleicht eine Spur Kräuter oder würzige Minze.
Gefühl braucht es für beides - für Drinks und für Menschen. Le chaim - auf das Leben, und das was wir lieben, mein Freund Martin!
Vom Blog zum Buch:
Sie wollen mehr lesen? Dann gibt es jetzt das Buch dazu von Susanne Breit-Keßler