Jaha, ich weiheiß. Saucen kann und muss man binden. Diese hier ist kein Musterbeispiel für Haute Cuisine. Und weil es schon so spät ist und ich müde, habe ich keine Lust mehr, als lukullische Kosmetikerin aufzutreten und mit Abseihtüchern, Natron, Mehl oder Stärke das Aussehen meines Essens positiv zu verändern. Schon gar nicht werfe ich es weg. Ich erinnere mich gerade noch rechtzeitig an den mir verhassten Satz: „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt.“ Und schlucke ihn runter. Obwohl es ehrlicherweise darauf hinausläuft. Das Ganze wird serviert.
Ich verzichte auf die Anleitung zum Glücklichsein
Ich beginne an der Wirsingroulade zu knabbern, gefüllt mit Schwammerl und Kräutern. Nicht übel. Ein Bissen von dem absichtlich stückigen Kartoffel-Selleriestampf dazu - hervorragend. So viel immerhin ist gelungen. Ich schiele zu meinem Mann, denn er vermischt eifrig Roulade, Stampf und Sauce. Der Teufel sitzt mir im Genick, und ich bin versucht zu denken: „Er kann ja froh sein, dass ich überhaupt gekocht habe.“ Aber auch das wäre eine ziemlich dumme Bemerkung. Zum einen ist der mir Angetraute zwar durchaus ein Gourmet, aber zum anderen auch das, was man einen dankbaren Esser nennt.
Es gibt keinen Grund, ihn verbal zu attackieren, wiewohl er noch gar nichts gesagt hat. Das würde schwer in die Richtung von Paul Watzlawicks „Anleitung zum Unglücklichsein“ gehen. Ich schweig‘ also fein still, was beim Essen sowieso klüger und bekömmlicher ist. Die Gemüsesauce ist rahmig, kräftig gewürzt und mundet entsprechend. Warum habe ich solch einen innerlichen Zinnober veranstaltet? Klar, anders wäre es schöner gewesen - aber muss ich so übellaunig sein, bloß, weil ich damit keinen Kochwettbewerb gewonnen hätte?
Bei anderen bin ich unbekümmert, wenn ihnen etwas daneben geht. Kein Problem, ehrlich nicht. Ich spende Trost und esse auf. Mir gegenüber bin ich keine fehlerfreundliche Köchin. Das Gericht über mich selbst ist eher gnadenlos. Ich sollte, was Rechtfertigung allein aus Gnaden anbelangt, vom lieben Gott lernen. Aber der mixt ja auch nicht Wein und Sahne so zackig zusammen wie ich. Herrschaftszeiten!
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