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Essen hat mit Eros zu tun, mit Sehnsucht und Leidenschaft. Der Genuss von Erdbeeren macht das besonders deutlich.
Es gibt Sprüche, die kann man überhaupt nicht leiden. Nur, um irgendwann festzustellen, dass man sie selbst auch verwendet. „Das ist jetzt nicht an der Zeit“ pflegte meine Mutter zu sagen. Das bedeutete in schöner Regelmäßigkeit, dass ich kein neues Kleidungsstück bekam, in der Disco ohne mich getanzt werden musste oder eins meiner Lieblingsessen garantiert nicht auf den Tisch kam. Wenig erfreulich.
Spargel ist kein Herbstgemüse - klar!
Inzwischen ertappe ich mich selbst dabei, dass ich vernehmlich verkünde, dass etwa Erdbeeren oder Pfirsiche an Weihnachten zur Unzeit kommen und Spargel ein Frühlings-, aber kein Herbstgemüse ist. Der Unterschied zwischen dem mütterlichen und meinem Satz ist allerdings, dass ich recht habe. Nein, natürlich hatte meine Mutter vernünftige und wenigstens im Nachhinein einsehbare Gründe für ihre Entscheidungen.
„Alles im Leben hat seine Zeit“ aus dem Buch des Predigers im Alten Testament ist einer meiner Lieblingssprüche aus der Bibel. Und zwar nicht, weil ich irgendeiner Gesetzlichkeit fröne, obwohl es auch absolut unökologisch ist, gespritzte und weit transportierte Erdbeeren zu kaufen. Mir geht es mehr um den Eros des Essens. Denn wie soll er lebendig bleiben, wenn er zur alltäglichen Pflichtübung wird?
Es ist höchste Zeit
Erdbeeren immer, zu jeder Zeit ... Wie langweilig ist das denn? Da fehlt es an Sehnsucht nach dieser köstlichen Frucht, es fehlt an der Leidenschaft, sie zu genießen, wenn sie endlich reif und auf dem Feld oder Markt ist. Bald ist es soweit. Die Erdbeeren kommen. Und dann werde ich sie begeistert schnabulieren: In Cointreau mariniert, mit ein wenig Zucker und sehr viel Schlagsahne. Es ist höchste Zeit!
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