Wie früher bei Mutter - die klassische Roulade
Susanne Breit-Keßler
Wie bei Muttern!
11.03.2020

Wenn die Welt ins Wanken gerät, braucht man solide Hausmannskost. Nichts Avantgardistisches, keine Experimente, null Exotik. Einfach erinnern an Mama und das, was sie früher gekocht hat, wenn sie ihre kleine Familie glücklich machen wollte. In solchen Fällen darf es sogar für mich mal Fleisch sein. Chaos ringsumher: Da muss es duften und schmecken wie Zuhause, damit ich wieder festen Boden unter den Füßen bekomme.

Weil außer mir keiner weiß, was es daheim gab, muss ich natürlich selbst an den Herd. Das macht aber nichts, weil allein schon die Vorbereitungen der Seele wieder erste Orientierung geben. Es wird Rouladen geben. Das braucht viel Zeit und ich kann nachdenken. Ich hole das Fleisch aus dem Gefrierfach und lasse es in Ruhe auftauen. Währenddessen hacke ich Zwiebeln und Essiggurken sehr fein und klein.

Es kann nichts passieren

Gekochten Schinken finde ich im Kühlschrank, scharfen Senf sowieso. Dazu nehme ich an festem Gemüse, was da ist: Knollensellerie, Petersilienwurzel und gelbe Rüben. Das schneide ich auch gleich in Würfelchen. Die aufgetauten Rouladen bestreiche ich ordentlich mit Senf, lege den Schinken reichlich darauf, dann kommen die Essiggurken und Zwiebelchen dazu. Dann rolle ich die belegten Fleischscheiben der Länge nach zusammen.

Ab in die heiße Pfanne, ringsherum anbraten. Herausholen, den Fond vermischen mit Tomatenmark und etwas Puderzucker, ablöschen mit einem Schuss Calvados und alles in einem hohen Topf aufkochen lassen. Gemüse in den Sud geben, Gemüsebrühe dazu und Rotwein. Soviel, dass das Fleisch zu zwei Dritteln bedeckt ist. Köcheln lassen - mindestens zweieinhalb Stunden. Länger ist immer besser. Es kann auch nix passieren ...

Inzwischen riecht es in der ganzen Wohnung nach Essen. Ich übrigens auch. Haare, Kleidung, alles. Egal. Ich bin auf jeden Fall ganz Zuhause. Es ist für ein paar wunderbare Stunden wie früher, als ich klein war. Wie beglückend, dass ich als „Große“ solche Erinnerungen wachkochen kann. Es schmeckt echt wie bei Muttern. Und diese wahnsinnige Welt kommt in Ordnung, da bin ich sicher.

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Kolumne

Susanne Breit-Keßler

Essen und Trinken hält Leib und ­Seele zusammen. Und darüber Neues zu lesen, macht den Geist fit. Viele Folgen lang hat Susanne Breit-Keßler Ihnen Woche für Woche ihre Gedanken dazu aufgeschrieben und guten Appetit gewünscht. Im Sommer 2024 endete die Kolumne. Die Texte sind weiter im Archiv abrufbar.