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„Rauchzeichen aus der Zukunft“ hat die TAZ über die wochenlangen riesigen Waldbrände in Australien getitelt. Tatsächlich kann niemand ausschließen, dass das was heute im fernen Down-Under passiert, auch bald in Europa und Deutschland Realität sein wird. Die Waldbrände in Brandenburg 2018 und 2019 waren vielleicht nur Vorboten noch viel größerer Katastrophen. Ein Kommentar von Franz Alt
Das neue Jahrzehnt beginnt auf dem fünften Kontinent wie das letzte Jahrzehnt geendet hat: Menschen und Tiere sterben, zehntausende Australier sind auf der Flucht vor dem Feuer und zehntausende Touristen können ihren Urlaub vergessen. Selbst moderne Industriegesellschaften sind machtlos gegenüber der Feuergewalt, die durch Menschen verursacht und entfesselt wurde.
Es passiert jetzt, was die Klimaforschung über die „Kipp-Punkte“ seit Jahrzehnten vorhergesagt hatte: Horrorbilder von brennenden Wäldern, von auftauenden Permafrostböden, von immer schneller schmelzenden Gletschern rund um den Globus – aber Jahrzehnte früher als es die Wissenschaftler bisher prognostiziert hatten. Wir kommen den Kipp-Punkten immer schneller immer näher und danach gibt es kein Zurück mehr. Das könnte exakt im neuen Jahrzehnt sein.
Feuerstürme mit Milliardenschäden gab es in den letzten Monaten nicht nur in Australien, sondern auch in Sibirien, in Kalifornien, in Schweden, am Amazonas, in Russland und in Deutschland. Hinweise darauf, dass uns ein Katastrophen-Jahrzehnt bevorsteht. Es wird ja nicht besser, sondern immer schlimmer. Von wegen die „Goldenen Zwanziger“, die noch vor wenigen Tagen in Neujahrsreden beschworen wurden.
Die TAZ vermutet auch, dass die Feuerstürme im fernen Australien mit uns mehr zu tun haben werden als wir uns das bisher vorstellen wollten. Australiens Premierminister bestreitet zwar einen Zusammenhang der aktuellen Brände mit dem Klimawandel, weil ihm seine Kohle-Exporte wichtiger sind als die Sicherheit seiner Landleute und deren Zukunft.
Die deutsche Bundesregierung bestreitet zwar nicht den von Menschen verursachten Klimawandel, beschließt aber den deutschen Kohleausstieg für das Jahr 2038. Das ist faktisch kaum weniger weltfremd, zukunftsblind und illusorisch wie das, was die australische Regierung tut.
Das „Pyrozän“, das Zeitalter des Feuers löst das „Anthropozän“, das Menschenzeitalter, schneller ab als bisher gedacht, weil wir uns noch immer benehmen wie Pyromanen, die das Verbrennen und das Zündeln einfach nicht lassen können.
Der Dalai Lama sagt dazu: „Ohne Menschen ginge es der Erde besser.“ Wir verbrennen heute an einem Tag so viel Kohle, Gas und Öl wie die Natur während einer Million Tage angesammelt hat. Wir ernten, was wir säen. Das ist ein geistiges Naturgesetz.
Eine verantwortliche Politik kann und muss das fossile Zeitalter so rasch wie möglich beenden – vor 2038! Das ist schon jetzt die Lehre aus den brennenden Wäldern Australiens. Sie halten auch uns den Spiegel vor. Was wir darin sehen, sind wir selbst.
Deutschland hat wichtige Umweltziele schon lange verfehlt: Die CO2-Reduktion um 40% bis 2020 gemessen an 1990, aber auch die Artenschutz-Ziele, den Gewässerschutz und die Luftreinhaltung. „Es ist noch nicht zu spät“, hat die Bundeskanzlerin in ihrer Neujahrsansprache soeben gesagt. Es klang wie eine weitere Ausrede fürs Nichtstun. Wahr ist, dass uns die Zeit davon läuft. Das neue Jahrzehnt dürfte das letzte sein, in dem wir das Schlimmste noch verhindern können.