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Privat
Sonntagabend in Brooklyn
In Saint ­Lydia’s Dinner Church gehören Essen und Beten zusammen. Unser Autor geht gerne hin
Axel KawallaPrivat
10.12.2019

Jeden Sonntagabend fahre ich mit der Subway nach Brooklyn, in ­eine "Dinner-Kirche". Vor der Eingangstür des niedrigen Hauses steht ­eine Schiefertafel, wie man sie von Res­taurants kennt. "Saint ­Lydia’s Dinner Church" steht in Kreide darauf.

Als ich das erste Mal in den länglichen Raum mit drei Tischen und einer Küchenzeile kam, fühlte ich mich gleich wohl. Eine freundliche Mit­arbeiterin bat mich, ein Namensschild zu beschriften und am Hemd zu befestigen. Eine andere zeigte mir, wo Teller und Besteck liegen – die ­Tische mussten gedeckt werden. Drei Frauen sangen zu einem merk­würdig schnarrenden Instrument – eine ­Shrutibox, wie ich später erfuhr: eine Art monotonaler Dudelsack im Format eines Leitz-Ordners.

Axel KawallaPrivat

Axel Kawalla

Pfarrer Axel Kawalla schreibt hier aus New York, wo er im Herbst/Winter 2019 einen Studienaufenthalt macht. Kawalla ist Landeskirchlicher Beauftragter für HIV- und AIDS-Seelsorge in der Landeskirche Hannover.

Saint ­Lydia’s wurde 2008 gegründet und gilt als die erste Dinner Church weltweit. Dinner Churches wollen das Brot nicht nur sinnbildlich miteinander brechen.Saint Lydia’s verbindet deshalb ihre Gottesdienste immer mit einem gemeinsamen Essen.

Brot ­des Lebens für dich

Am Sonntagabend sind wir meist etwa 20 Menschen. Zu Anfang bilden wir singend, mit Kerzen in den Händen, einen Kreis um die Tische, auf denen dampfend-duftendes Brot liegt. Elsa, die Pastorin, betet, dann singt sie die Worte, die Jesus beim Abendmahl sprach. Jeder Gast bricht für seinen Nachbarn ein Stück ab: "Axel, Brot ­des Lebens für dich." Die direkte Ansprache berührt mich. Wir setzen uns und essen, zum Beispiel Salat und Bohnen, trinken Wasser und Traubensaft. Gegen Ende des Essens beginnt die Predigt. Manche kauen dann noch, alle hören konzentriert zu.

"Guck bitte, ob in deinem Becher noch Traubensaft ist", bittet später ­Diakon Bill. Wir stehen auf, Elsa singt die Worte, die Jesus über dem Wein gesprochen hat, jeder trinkt einen Schluck aus seinem Becher. Am Ende fegen und wischen wir gemeinsam durch, trocknen das Geschirr ab. Auch das gehört zu diesem Gottesdienst. Das Heilige und das Alltägliche verschwimmen hier. Mit dem Besen in der Hand merke ich auf einmal, wie ich vor mich hinsumme.

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