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Wenn Arbeiter für höhere Löhne streiken fragt in Deutschland heute niemand mehr: „Dürfen die das?“ Wir leben zum Glück nicht mehr im 19. Jahrhundert als das Streikrecht erkämpft werden musste. Ein Kommentar von Franz Alt
Leben wir noch immer im 19. Jahrhundert?
Wenn aber SchülerInnen freitags zwei Schulstunden schwänzen, um für ihre Zukunft und für besseren Klimaschutz zu streiken, rümpfen einige deutsche Politiker und manche Pädagogen noch immer die Nase und drohen mit Sanktionen wie „Eintrag ins Klassenbuch“. Oder fragen: „Dürfen die das überhaupt?“ Leben wir noch immer im 19. Jahrhundert?
In wunderbarer Unbefangenheit und selbstverständlicher Naivität fragt die 16-jährige Ikone der neuen Klimaschutz-Bewegung, die behinderte Greta Thunberg aus Schweden, zurück: „Wer macht hier keine Hausaufgaben? Die Politiker, die Klimaschutz versprochen haben, oder wir Schüler? Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und demonstrieren für Klimaschutz, weil es dabei um unsere Zukunft geht“.
Greta, meint die Süddeutsche Zeitung, erinnert an das Kind in Andersens Märchen, das dem Kaiser sagt, dass er nackt sei. Auch die Erwachsenen haben gesehen, dass der Kaiser nackt ist, aber sie waren zu feige oder zu schüchtern oder zu dumm, um es laut auszusprechen.
Bundespräsident Steinmeier ermuntert landauf und landab zu politischem Engagement. Und im Gemeinschaftskunde-Unterricht lernen Schüler, dass die Demokratie von politischer Einmischung ihrer Bürger lebt. Doch die Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) meint, Schulpflicht sei wichtiger als Klimaschutz.
Über so viel Dummheit einer Bildungsministerin können heutige Schüler nur lachen. Ihre einleuchtende Antwort: „Wir sitzen am längeren Hebel. Was nutzt die beste Bildung, wenn wir keine Zukunft haben?“
Politiker sollten endlich handeln
Politiker sollten nicht länger rum eiern beim Überlebensthema Klima, sondern endlich handeln, so wie sie es schon 2015 im Pariser Klimaabkommen beschlossen und versprochen haben. „Auch Politiker sollen ihre Hausaufgaben machen“, ist auf den Schüler-Demonstrationen zu hören und zu lesen.
Im Vergleich zu den seit Wochen streikenden Schülern verhalten sich Politiker, die viel reden, aber nichts tun wie seelenlose Bürokraten und Lügner, die nichts verstehen. „Diskutiert nicht länger, sondern handelt endlich“, hat Greta Thunberg soeben in Hamburg vor tausenden ihrer Anhänger gesagt.
Viele jugendliche Demonstranten haben die Klimaerhitzung, die auf ihr noch junges Leben zukommt besser verstanden als die meisten alten Politiker. Deshalb sind die Schüler-Demonstrationen auch so nachhaltig – Freitag für Freitag.
„Der Kaiser ist ja nackt“
Die meisten Politiker sind so nackt wie einst der nackte Kaiser. Sie reden, reden, reden und tun – nichts. Wenn die Politiker endlich handeln, gehen die Schüler auch wieder in die Schule anstatt freitags auf die Straße. Es liegt also an der Politik wie lange die Schülerstreiks andauern.
„Schüler an die Macht“, fordert die Süddeutsche. Jetzt rufen Tausende SchülerInnen Freitag für Freitag „Der Kaiser ist ja nackt“. Wann endlich verstehen auch wir Erwachsene diesen Ruf wie in Andersens Märchen?
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