Wolfgang HuberRolf Zöllner/epd-bild
15.11.2010

Dem menschlichen Leben Ewigkeitswert zu verleihen ist eine alte Sehnsucht. Immer wieder flammt sie auf. Immer neue Mittel werden dafür eingesetzt. Heute sind das vor allem die Mittel der Wissenschaft.

Im alten Ägypten galt das menschliche Leben als so gelungen, dass man ihm unabsehbare Dauer gab. Als Mumien wurden die Gestorbenen verewigt ­ entsprechenden Reichtum vorausgesetzt. Als weiteres Zeichen für die Güte dieser Welt wurden ihnen kostbare Gegenstände in die Todeswelt mitgegeben; auf diese Weise haben Fragmente der altägyptischen Kultur die Jahrtausende überdauert.

Ein anderer Versuch, den Menschen zu "verewigen", ist schon seit Jahren in Deutschland auf Tournee. In Berlin prunkt die Ausstellung "Körperwelten" derzeit mit neuen Besucherrekorden. Sie zeigt menschliche Körper oder Körperteile, die durch Plastination "verewigt" und vor dem fortschreitenden Verfall bewahrt werden.

Freiwillig hätten die Plastinierten ihre Körper zur Verfügung gestellt, so hört man. Über ihre Motive wird Unterschiedliches berichtet. Und doch ist der Sinn dieser Handlungen eindeutig: Der sterbliche Körper eines Menschen wird verewigt; es handelt sich um eine moderne Spielart der Mumifizierung.

Das Projekt "Körperwelten" fügt sich in eine Zeit, in der die Selbsterlösung des Menschen zu einer beherrschenden Utopie wird. Die Entschlüsselung des menschlichen Genoms weckt die Hoffnung, dass der Mensch seine genetische Ausstattung vollständig unter Kontrolle bekommt. Mit dem therapeutischen Klonen verbindet sich die Vision, dass Krankheiten, welcher Art auch immer, aus eigener Kraft vollständig geheilt werden. Eines Tages soll es gelingen, solche Krankheiten im Vorhinein zu vermeiden. Von der Utopie des leidensfreien Menschen zur Unsterblichkeitsphantasie ist es nur ein Schritt.

Wir können bestimmte Leiden überwinden, aber nicht das Leiden selbst. Die menschliche Lebensspanne bleibt begrenzt. Mediziner schätzen, dass diese Lebensspanne ­ also die im äußersten Fall denkbare Lebenszeit des Menschen ­ etwa 120 Jahre beträgt. Auch wenn wir dank der Medizin mit unserer individuellen Lebenszeit diese Lebensspanne in höherem Maß ausschöpfen als bisher, so hat dies doch mit Unsterblichkeit nichts zu tun. Gewiss muss man jetzt schon fragen, bis zu welcher Grenze Maßnahmen der Lebensverlängerung sinnvoll und wünschenswert sind. Schon jetzt zeigt sich, dass diesem Hinausschieben der Grenze die Forderung nach einer Beendigung menschlichen Lebens durch aktives Eingreifen des Arztes ­ die so genannte aktive Sterbehilfe oder Euthanasie ­ zur Seite tritt. Aber unabhängig von solchen Fragen bleibt es dabei: Unsterblichkeit werden die neuen medizinischen Möglichkeiten nicht bewirken; die Todesgrenze überspringen wir auch auf diese Weise nicht.

Zum Wesen des Menschen gehört, dass er sterblich ist. Wir brauchen uns nicht einzubilden, wir könnten die Todesgrenze selbst überwinden. Deshalb richtet sich die Hoffnung der Christen auf die Auferstehung der Toten und das ewige Leben, nicht auf eine selbst gemachte Unsterblichkeit.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.