Arbeiterkind – das klingt nach Kohleabbau und Industrialisierung. Katja Urbatsch hat ihre eigenen Vorstellungen, wenn sie von Arbeiterkindern spricht. Auch heute nehmen in Deutschland nur 23 von 100 Kindern, deren Eltern nicht studiert haben, selbst ein Studium auf. Obwohl fast doppelt so viele Abitur machen. In Akademikerfamilien studieren hingegen 77 von 100. Urbatsch kennt das Problem: Sie und ihr Bruder waren die ersten in ihrer Familie, die sich an einer Uni eingeschrieben haben.
Also hat sie Arbeiterkind.de gegründet: ein Portal, das Kindern aus Nichtakademikerfamilien die Entscheidung für das Studium erleichtern soll. Dass Arbeiterkinder eine Ausbildung bevorzugen, hat nicht nur finanzielle Gründe, sondern auch mit einer Mentalität zu tun, sagt Urbatsch: „Es heißt dann: ‚Mach erst mal eine Ausbildung, das ist sicherer!‘“ Als sie selbst für ein BWL- und Publizistikstudium vom kleinen Dorf bei Gütersloh nach Berlin zog, hatte sie Selbstzweifel. „Meine Cousins und Freundinnen blieben zu Hause, weil sie sich nicht getraut haben zu studieren“, erklärt Urbatsch.
Gerade wenn die Wahl auf ein geisteswissenschaftliches Studium fällt, sind Sprüche über Taxifahrer an der Tagesordnung. Und: In Berlin war sie von Kommilitonen umgeben, für die es selbstverständlich war, zu studieren. „Bei meinem Freund gab es bei jedem Abendessen Diskussionen über politische Themen mit der ganzen Familie. Das war mir völlig neu“, erzählt Urbatsch.
Seit 2008 informiert ihre Seite über alles rund ums Studium. Außerdem gehen 6000 Ehrenamtliche in Schulen und erzählen dort, welche Probleme sie hatten und wie sie im Studium zurechtkamen. „Wir versuchen den Schülern zu zeigen: Auch wir haben gezweifelt und waren anfangs etwas überfordert, aber am Ende hat alles geklappt!“, sagt Urbatsch.