Die Models tragen ein Leinensacko mit Krawatte; ein Oberteil mit Krawattenapplikation und Taillenhose aus Herrenanzug; eine Bahnjacke mit neuem Design, dazu ein Hemd aus industriellen Reststoffen; eine Schürze aus einem alten Herre
Jonas Feige
Liebe Hobbynäher, das könnt ihr auch!
Im Berliner Laden "Water to Wine" ist jedes Stück ein Unikat. Die Designerin Sarah Schwesig hat, zusammen mit der Berliner Stadtmission, im Oktober 2013 das Geschäft in der Auguststraße 82 gegründet. Die Stadtmission liefert alte Kleider, die kein Obdachloser und kein Secondhandladen mehr haben will. 30 Designer entwickeln daraus coole Sachen. Sie werden in Berliner Behindertenwerkstätten produziert. Die Einnahmen aus dem Geschäft reichen Sarah Schwesig nicht zum Leben, sie muss nebenbei jobben.
07.08.2015

chrismon: Wie kamen Sie darauf, aus Kleiderresten Mode zu machen?

Sarah Schwesig: Ich habe die Upcycling-Bewegung entdeckt und fand sie cool. Zu dieser Zeit hatte ich in meinem Modestudium gerade den Mut verloren. Ich habe keinen Sinn darin gesehen, weil bei den großen Ketten in der Modeindustrie teilweise zwölf Kollektionen im Jahr zusammenkommen. Die Leute kleiden sich immer neu ein, die alten Sachen landen in den Kleidertonnen. Das wollte ich nicht unterstützen. Alte Kleidung ist ein guter Rohstoff.

Wie ist Ihr Stil?

Ich mag es, wenn das Design schlicht und schnörkellos ist, klare Linien hat und sich die Kleider gut nähen lassen. Die Menschen in den Behindertenwerkstätten können meine
Mode daher gut produzieren.

Und damit retten Sie die Welt?

Der Laden verändert die Welt im Kleinen. Jeder Kunde, der zu uns kommt, erfährt etwas darüber, wo die Produkte herkommen. Wir zeigen lustige und kreative Kleider – was man so alles aus Abfällen machen kann. Das soll die Leute anregen: Sie können das nachmachen. Sie können generell aufgewertete Produkte denen der großen Modeketten vorziehen. Sie können auch mal nachrechnen: Wie viele Sachen werfe ich im Jahr weg?

Sie bekommen die Altkleider, die Obdachlose nicht anziehen wollen.

Ja, das ist Sinn der Sache. Erst holen sich die Obdachlosen das, was sie brauchen. Dann sortieren Mitarbeiter Kleidung für sechs Secondhandläden in Berlin aus. Und wir bekommen den Rest: Kleidung mit Löchern und Flecken. Auch Sachen in grellen Farben. Wer auf der Straße lebt, will lieber in der Masse untertauchen als Aufmerksamkeit erregen.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Superwoman und können ein Problem lösen. Welches?

Unfaire Löhne. Ich möchte, dass jeder, egal wo er lebt, mit seiner Arbeit genug Geld verdient, um davon leben zu können.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.