Die Zeitung zeigt ein Bild von Bundeskanzlerin Merkel mit strengem Gesicht. Dazu die Schlagzeile: „Elf neue Bedingungen aus Berlin“. Es geht um Serbiens geplanten EU-Beitritt, der unter anderem an „geordnete Beziehungen“ zum Kosovo geknüpft ist – Serbien erkennt dessen Unabhängigkeit bis heute nicht an. Die Bedingungen sind nicht neu. Sie waren bereits Gegenstand der Vorverhandlungen und kommen im Übrigen nicht aus Berlin, sondern aus Brüssel. Aber das Thema eignet sich, um immer wieder Ängste zu schüren. Das tun die serbischen Nationalisten, allen voran Staatspräsident Nikolic, zurzeit kräftig. Etwa mit dieser Frage: Müssen wir jetzt für die EU auch noch die Verfassung ändern? Diese erklärt in ihrer Präambel das Amselfeld im Kosovo als „essenziellen Teil des serbischen Territoriums“.
###autor### Auch die serbisch-orthodoxe Kirche hängt am Kosovo: Denn dort befinden sich ihre Gründungsklöster und der Sitz des
ersten Patriarchats. Die Klöster, die zum Teil aus dem 13. Jahrhundert stammen, sind für Serben jetzt schwerer zugänglich.
Einige Klöster müssen durch KFOR-Soldaten geschützt werden, weil es immer wieder zu Übergriffen durch die überwiegend albanische Bevölkerung im Kosovo kommt. Das Belgrader Freskenmuseum zeigt Kopien der Wandbemalung aus diesen Kosovo-Klöstern. Nach einem Besuch lädt mich die Frau an der Kasse ein, möglichst oft wiederzukommen. Die Traurigkeit in ihrer Stimme geht mir nach.
Die meisten meiner orthodoxen Gesprächspartner können sich nicht vorstellen, um des Friedens willen auf das Kosovo zu verzichten. Die Leute außerhalb der Kirche zeigen mehr Realitätssinn und meinen: „Kosovo haben wir verloren“. Trotzdem halte ich manchmal die Luft an, wenn ich denke, dass der Konflikt wieder ausbrechen könnte, auch dann, wenn Serbien bereits in der EU ist. Wird die Europäische Gemeinschaft bereit sein, auch Kriterien für Austritt oder Ausschluss vertraglich festzulegen? Etwa diese: Wer Grenzen nicht anerkennt oder sie gewaltsam verletzt, kann kein Mitglied mehr sein?
Das Kloster Visoki Dečani, ein mittelalterliches serbisch-orthodoxes Kloster im Kosovo, südlich der Stadt Pec Foto: A. Dombrowski / flickr.com
Auslandspfarrer Hans-Frieder Rabus mit einer E-Mail aus Belgrad
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