Zunächst einmal: Nicht nur die Bischöfe (wie bei etlichen Synoden zuvor), sondern auch die Menschen in den Gemeinden sollen weltweit zusammentragen, wie sie die Zukunft von Ehe und Familie einschätzen, wo die Probleme liegen, wo die Kirche den Lebenspartnern hilft beziehungsweise sie zusätzlich belastet.
Eine unerwartete Neugier der Kirchenspitze
Wenn man bedenkt, wie selbstquälerisch der Vatikan und konservative Bischöfe allein schon in der Frage agierten, ob wiederverheiratete Geschiedene überhaupt zu den Sakramenten zugelassen seien, muss die neue Linie verblüffen. Sah sich der Vatikan bisher vor allem als Lehramt gefragt, nimmt er nun deutlich die Perspektive der Betroffenen ein. Das hatten bisher viele Seelsorger in den Gemeinden vergeblich versucht. Das juristische Nadelöhr im katholischen Eherecht: Nur wer seine erste Ehe vor einem Kirchengericht für nichtig erklären lässt, darf wieder heiraten und zur Kommunion. Nun fragen die Synodenplaner: Gibt es einen einfachen Weg zurück in die Eucharistiegemeinschaft? Dieser Perspektivwechsel könnte zur ersehnten 180-Grad-Wende in der Seelsorge führen.
Außerdem: Wie die Evangelische Kirche in Deutschland (der Streit um ihre „Orientierungshilfe“ klingt noch in den Ohren) fasst nun auch der Vatikan all die anderen Partnerschaftsformen und Familien ins Auge: zum Beispiel die Patchworkfamilien, die Schwulen und Lesben, die Kinder, die aus offenen Beziehungen hervorgehen. Es soll zudem um interreligiöse Ehen, um Polygamie, um arrangierte Ehen gehen. Die unerwartete Neugier der Kirche verblüfft und berührt zugleich.
Das Instrument der Umfrage vor einer Bischofssynode ist nicht neu, wohl aber, dass hier die Betroffenen, die Eheleute, maßgeblich gefragt sind. Der neue Stil von Franziskus setzt erneut Maßstäbe. Spätestens im kommenden Oktober, wenn die Themen in Rom auf den Tisch kommen, wird sich zeigen, ob der Methodenwechsel auch zu einem Wechsel in der Seelsorge führt.