Liebe Leserinnen und Leser,
wie findet Andreas Steinhöfel eigentlich die Verfilmung seines Buches "Rico, Oskar und die Tieferschatten"? Hm, man müsste ihn fragen. Nur: Wie? Bestimmt kriegt er so viel Post, dass er kaum dazu kommt, jeden einzelnen Brief zu beantworten.
Stephanie von Selchow hat das seltene Privileg, mit jemandem wie Andreas Steinhöfel über solche Dinge zu reden. Sie trifft auch andere Berühmtheiten: Kirsten Boie, Cornelia Funke, Britta Teckentrup, Sabine Wilharm (sie hat die Harry-Potter-Romane illustriert), Peter Härtling, Wolf Erlbruch, die US-amerikanische Autorin Angie Thomas und so weiter.
Stephanie von Selchow ist freie Journalistin in Frankfurt am Main. Für chrismon führt sie Interviews mit Autorinnen und Illustratoren – vorzugsweise von Kinder- und Jugendbüchern. Sie fragt: Wie kommen Sie auf Ihre Ideen? Was von Ihrer eigenen Geschichte verarbeiten Sie in Ihren Büchern? Was beschäftigt Sie gerade? Seit 2007 ist daraus eine beachtliche Reihe von Interviews für chrismon entstanden - Gespräche mit Künstlerinnen und Künstlern, die Evergreens geschaffen haben, Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur.
Der tschechisch-amerikanische Bilderbuchkünstler Peter Sís ist hinterm Eisenern Vorhang groß geworden, im damals sozialistischen Prag. Heute will er Kinder ermuntern, die Welt zu entdecken und die eigenen Träume zu leben – was ihm als Kind nur bedingt möglich war. Auch sein Bilderbuch "Robinson" (2019, Gerstenberg-Verlag) erzählt davon. Kinder lachen den kleinen Helden seines Bilderbuchs für sein Karnevalskostüm aus. Dann aber, über Umwege, gewinnt der Junge sein Selbstvertrauen zurück. "Eine Lektion in Persönlichkeitsbildung", nennt Sís das. Als Kind hat er genau dieses Drama am eigenen Leibe durchlebt.
Schon im Jahr 2012, deutlich vor der sogenannten Flüchtlingskrise von 2015, erschien "Akim rennt" von der französischen Illustratorin Claude K. Dubois (2013 auf Deutsch im Moritz-Verlag erschienen). Mit vielen Zeichnungen und wenigen Worten erzählt sie von der Flucht eines Kindes. Den Stoff hat sie von ihrer Mutter, deren Eltern im Zweiten Weltkrieg in der Résistance gegen die Nazis waren. Mit fünf Jahren musste sie vor deutschen Soldaten fliehen. Die Albträume hätten ihre Mutter ein Leben lang verfolgt, sagt Dubois: "Sie hat immer wieder davon gesprochen."
Und worum geht es Anke Stelling in ihrem neusten Kinderbuch "Freddie und die Bändigung des Bösen" (2020, cbj-Verlag)? Freddie hält zu seinem Freund, damit der nicht von der Schule fliegt. Er nimmt dafür Nachteile in Kauf. "Wenn man sich selbst verliert, die eigenen Gefühle und Werte missachtet – das geht auf Dauer nicht gut", sagt Anke Stelling. Sie selbst lebt in einem selbstverwalteten Haus, schickt ihre Kinder auf eine Gemeinschaftsschule und versucht, möglichst ihren Idealen treu zu bleiben. Nicht immer einfach, gibt sie zu.
Stöbern Sie durch die Links. Ich habe Ihnen nur einige zusammengestellt. Aber es sind noch immer so viele, dass Sie vermutlich nicht alle lesen können. Die Autor:innen und ihre Bücher sind sehr unterschiedlich. Was alle eint: Sie wollen Kindern keine schöne Welt vorgaukeln. Sie wollen ihren vielfältigen Gefühlen Worte und Bilder leihen.
Sicherlich finden Sie den einen oder anderen Tipp für ein gutes Kinder- oder Jugendbuch. Vielleicht ein Geschenk für einen der nächsten Geburtstage in Ihrer Familie. Dann können Sie auch etwas über die Person erzählen, die hinter Ihrem Geschenk steht.
Und, ja: Andreas Steinhöfel findet die Verfilmung seines Buches wirklich klasse. Nur eine Szene ist ihm zu bunt. Welche? Lesen Sie selbst. Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Burkhard Weitz
chrismon Redaktion