Kassel (epd). "Die Repräsentanz von Frauen im Parlament, die das Frauenwahlrecht eigentlich ermöglichen sollte, ist ja bis heute nicht gleichberechtigt", kritisiert Kerstin Wolff, die Leiterin der Forschungsabteilung im Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel, in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Bei der jüngsten Bundestagswahl 2017 sei der Anteil von Frauen im Parlament sogar wieder auf knapp 31 Prozent zurückgegangen. Bei der Wahl 2013 waren noch rund 36 Prozent der Abgeordneten weiblich gewesen. Daher sei deutlich, dass alleine das Frauenwahlrecht die Gleichberechtigung nicht durchsetzen könne, so Wolff. "Es braucht dafür ehrlicherweise auch heute noch Druck von der Straße."
Historische Bedeutung
Die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren wird laut Wolff in ihrer historischen Bedeutung nach wie vor nicht hinreichend gewürdigt. "Wir feiern nicht nur 100 Jahre Frauenwahlrecht, wir feiern auch 100 Jahre Einführung der Demokratie in Deutschland."
Mit ihrem Einsatz für ein allgemeines und gleiches Wahlrecht hätten Frauen wesentlich zur Demokratisierung nach Ende des Ersten Weltkriegs beigetragen. Denn die Einführung des Frauenwahlrechts war gleichzeitig das Ende des Ständewahlrechts in Deutschland, das bis dahin auch die demokratischen Rechte der männlichen Wähler beschränkt hatte.
Die beiden Jubiläen, der Beginn der Weimarer Republik und die Einführung des Frauenwahlrechts, würden in der Regel als getrennt nebeneinanderstehende Ereignisse betrachtet, so Wolffs Wahrnehmung. "Eigentlich müsste man diese Entwicklungen zusammen erzählen. Aber das findet leider nicht statt." Der Anteil der Frauenwahlrechts-Bewegung am Beginn der Weimarer Republik bleibe oftmals im Dunkeln.
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