Kirchgang - Klinikkirche München Großhadern
Kirchgang - Klinikkirche München Großhadern
Uwe Birnstein
Unsichtbare Gemeinde
Die Gäste im Krankenhaus-Gottesdienst sind da, aber nicht anwesend. Sie können ihn vom Bett aus miterleben.
Maren Kolf
03.02.2023

Sonntag, 18 Uhr, Klinikkirche München-Großhadern: Sonntagabends ist es ruhig in Krankenhäusern. Am Ende der leeren ­"Besucherstraße" im 70er-Jahre-­Krankenhausblock deutet ein Schild zur Kirche. Eine Tür gibt’s hier nicht – durch einen der acht Durchgänge geht es hinein. Der Raum erinnert an eine Turnhalle. Neonröhren, gelbe Klinkersteine, grauer Beton. Auf einem hölzer­nen Podest steht ein Altartisch, daneben ein Lesepult. Dahinter ein kunstvoll geschmiedetes Kreuz – und ein schön geschmück­ter Tannenbaum, der einige Meter hoch bis zur Decke reicht.

Es ist Anfang Januar, die Weihnachtszeit klingt gerade erst aus, das passt noch. Als die Pfarrerin sitzt, ertönt aus Orgel­pfeifen eine beschwingte Melodie. Die Pfarrerin begrüßt nicht nur die beiden Menschen, die in der sonst leeren ­Kirche sitzen, sondern auch die Kranken in ihren Zimmern. Es gibt also eine Art unsichtbare Gemeinde. Kranke können in ihren Betten über das Klinikradio zuhören – und per Fernseher zuschauen. Das erklärt die beiden Kameras: Sie ­dienen nicht der Über­wachung, sondern übertragen das Gottes­dienst­geschehen.

"Hab Geduld, flüstert das Land – ich schlafe", eröffnet die Pfarrerin den Gottesdienst poetisch, "Ich werde wiederkommen, flüstert das Licht." Um Licht geht es in diesem Gottesdienst: Gott wolle das Dunkel hell machen, er sei das "Licht der Welt", versichert die Pfarrerin. Eine wichtige Botschaft für Menschen, die einsam und krank sind und auf ­Gesundung oder Erlösung von Leid ­hoffen.
Die Orgel intoniert das erste Lied, "Brich an, du schönes Morgenlicht". Lediglich der Gesang der Pfarrerin ist leise zu hören. Dann tritt sie ans Pult und liest ihre Predigt vor. Der Glaube sei eben nicht unerschütterlich, wer Finsternis erfahre, der erlebe Gott oft als fern. Mit der bewegen­den Geschichte des in Nazizeiten inhaftierten Theologen Heinrich ­Albertz illustriert sie das. Nur durch die Ritzen der schweren ­Ge- fängnistüren drang tags­über ein blasser Schein ins dunkle ­Verlies – das habe ihm Hoffnung gegeben.

Diese Kraft des Lichtes wünscht die Pfarrerin auch der Gottesdienstgemeinde im Krankenhaus. Schließlich verspreche Gott "uns seine Begleitung in ­unserem Leben und weit darüber hinaus". Das nächste Lied bringt diese Botschaft musikalisch zum Ausdruck: "Von Gott kommt mir ein Freudenschein!" Ein tröstliches Gebet beendet den Gottesdienst: "Gott, der das Leiden ist, hält unsere Traurigkeit in seiner Hand."

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