- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
Bettina Buschow und Patrick Oldendorf kenne ich schon lange. Wir wohnten zusammen in Hamburg, Bettinas und mein Sohn besuchten die gleiche Schule. Und dann hatten die beiden eine, wie ich damals fand, total verrückte Idee: Sie kauften sich ein heruntergekommenes kleines Gutshaus in Mecklenburg-Vorpommern, in der Nähe der Müritz, in dem kleinen Ort Lexow. Dort wollten sie ein Hotel mit Ferienwohnungen aufmachen, beide kamen aus völlig anderen Branchen.
Ich weiß noch, wie mir Bettina damals das Foto des mit Holzbrettern verrammelten Hauses gezeigt hat: Kein Schloss, kein wirkliches Herrenhaus, sondern eher ein bescheidener Backsteinbau, auf dem Foto sah alles kaputt und heruntergekommen aus. Die spinnen ja, dachte ich. Wie kann man sich nur so was aufbürden?
Sie haben alles richtig gemacht
Dieses "damals" ist nun bald 15 Jahre her. Aus dem alten Herrenhaus ist ein kleines Hotel mit Ferienwohnungen entstanden. In Reisemagazinen wird Lexow als Geheimtipp geführt. Bettina und Patrick, so ist mir längst klar, haben alles richtig gemacht. Mittlerweile leben die beiden mit dem jüngsten Sohn in Rostock.
Warum schreibe ich hier darüber? Weil es eben nicht nur um ein außergewöhnliches Ferien-Hotel geht, sondern auch darum, dass Bettina und Patrick viel dazu beigetragen haben, dass das Dorf Lexow wieder zum Leben erwacht.
200 Menschen wohnen hier. Das Gutshaus von 1874 war immer der Mittelpunkt des Ortes. In der DDR-Zeit gab es hier erst ein Flüchtlingsheim, dann wurde daraus ein Gemeindehaus mit Gastwirtschaft und der Konsum. Auch der Bürgermeister hatte dort sein Büro. Dann kam die Wende, das Dorf wollte das heruntergekommene Gemäuer nicht renovieren und verkaufte.
Die Sanierung dauerte Jahre. Von Anfang an hatten Bettina und Patrick vor allem örtliche Handwerker beauftragt. Klempner schüttelten den Kopf, wenn sie uralte, aus ganz Deutschland zusammengesuchte Sanitäranlagen einbauen mussten. Dann erkannten sie, dass der alte Waschtisch von Oma nicht nur schöner, sondern oft auch haltbarer war als die Billig-Produkte aus dem Ausland: „Wir sind halt irgendwie freestylemäßig unterwegs“ beschreibt es Bettina, und daran musste man sich auch im Dorf erst mal gewöhnen.
Es bewegt sich was im Dorf
Umgekehrt mussten auch Patrick und Bettina viel lernen, sich einfinden in die Dorfgeschichte und einiges an Lehrgeld bezahlen. Die Gegend hier ist landwirtschaftlich geprägt, die Interessen des Großbauern mit Riesentraktor und Mäh-Maschine sind nicht die gleichen, wie die von Hotel-Besitzern. Im Gemeinderat wird gestritten.
Wichtig ist: Es bewegt sich was. Bettina findet: „Wir haben gegenseitig Respekt voreinander.“ Im Gegensatz zum Leben in der Stadt könne man sich in einem Dorf nicht aus dem Weg gehen: „Wir müssen uns zusammenraufen“, weiß Bettina.
Wie schön es hier ist, lernen viele Einheimische durch die Begeisterung der Gäste
Im Dorf staunt man immer noch darüber, dass das Haus selbst in den trüben Wintermonaten gut besucht ist. Wie wunderschön die Mecklenburgische Seenplatte ist, wird vielen Einheimischen oft erst durch die Begeisterung der Fremden klar.
Viele Bindungen sind in den letzten Jahren entstanden. Von den acht bis 10 Angestellten wohnen einige in Lexow selbst. Im Restaurant gibt es Frühstückseier vom Biohof um die Ecke und Wild von örtlichen Jägern. Auf dem Gelände des Gutshofs trifft man sich beim Osterfeuer, bei Lesungen oder im Restaurant bei der Beerdigungsfeier – mit Butterkuchen zum Dorf-Rabatt.
Wenn Corona endlich, endlich vorbei ist, dann sollen auch wieder Lesungen und Konzerte auf dem Gutsgelände stattfinden und 2023 eine Neu-Auflage des Kunst-Festivals Land Art. Dafür haben Bettina und Patrick einen Verein gegründet. Und dann gibt es da ja noch ein nächstes großes Projekt: Sie haben die Jugendstilvilla eines ehemaligen Spiritus-Fabrikanten in Krakow am See gekauft. Die Renovierung wollen die beiden nach Corona anpacken. Bestimmt wird es wieder sehr freestylemäßig.