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Klar! Es muss Regeln geben. Wie würde denn sonst ein Spiel funktionieren? Fußball, Mensch ärgere Dich nicht, Monopoly, Guild Wars oder Half-Life – wäre alles langweilig, wenn es keine gemeinsame Ordnung geben würde. Wie wollte man sich denn als Sieger fühlen, als Gewinnerin? Und wie öde wäre ein „Na und?“ als Antwort auf: „Du hast geschummelt!“
Andererseits wissen wir gerade aus dem Fußball, dass uns jene Spiele in Erinnerung bleiben, in denen eine tatsächliche oder wahrscheinliche Regelverletzung den Erfolg gebracht hat, die von den Schiedsrichtern übersehen oder falsch gewertet wurde. Vor 48 Jahren fiel im WM-Finale England – Deutschland in London jenes berühmte Wembley-Tor, das die Briten zu Weltmeistern machte. Auch heute noch, da die WM von Brasilien nur noch Tage entfernt ist, kann man unter nicht mehr blutjungen Fans erregt darüber diskutieren, ob der Ball damals in „vollem Umfang“ die Torlinie überschritten hatte, wie es die Torregel verlangt.
Ich für meinen Teil bin ganz froh, dass die Bundesligavereine die Kameratechnologie zur zweifelsfreien Torlinienüberwachung nicht beschlossen haben. Ich finde, Schiedsrichter sollten – mit den Worten des großen Philosophen Adolf Tegtmeier (alias Jürgen von Manger) – „Mensch bleiben“. Mensch sein heißt: Fehler machen – und zwar gerade dann, wenn man in bester Absicht alles richtig machen möchte. Damit ist eigentlich alles gesagt. Aber noch nicht von allen.
Es wird die Leserschaft nicht überraschen, wenn an dieser Stelle zu diesem Thema einmal mehr Martin Luther zitiert wird, der in seiner Rechtfertigungslehre grundsätzlich alle Menschen zu „simul iustus et peccator“ (zugleich gerecht und Sünder) erklärt. Die „Gerechten“, die sich selbst als sündenfrei ansehen, seien Heuchler und somit sündig. Die Sünder, die ihre Mangelhaftigkeit einsehen, würden dadurch zugleich gerecht.
Hat der Ball in vollem Umfang die Torlinie überschritten?
Die Frage ist also nicht, was man tut – im Spiel –, sondern wie man damit umgeht. Nun kann man von einem Fußballer nach einem wichtigen Spiel nicht verlangen, dass er sofort und offen in jedes hingehaltene Mikro und vor jeder Kamera erklärt, dass der Elfer, den er letztlich gelocht hat, „geschunden“ war, er im Abseits gestanden hat und, und, und... Aber ein Lächeln und ein Achselzucken mit dem sattsam bekannten Fußballerspruch „Tor, Abseits, Foul ist, wenn der Schiri pfeift“ würde uns helfen, die Wahrheit in dem Satz zu finden: „Ist doch nur ein Spiel“ – auch wenn es inzwischen um verdammt viel Geld geht. Da könnte man übrigens anfügen: „Ist doch nur Geld.“ Schönen Gruß an den gerechten Sünder Uli Hoeneß!
Meine Tante Emmi, eine fromme Frau, hat dem Bischof von Eichstätt vor vielen Jahrzehnten mal eine ähnliche Antwort gegeben. Der hatte erfahren, dass sie – eine, wie man damals sagte, „gut verheiratete“ Frau – ein Verhältnis mit einem studentischen Untermieter einer anderen Konfession gehabt hatte. „War doch nur Liebe!“, sagte sie. „Ja, mit dem Studenten“, antwortete der Bischof, „aber deinen Mann hast du betrogen.“ Sie schüttelte den Kopf und sagte: „Glaub ich nicht. Es war immer samstags. Und da ist er lieber nach München zum Fußball gefahren, als Fan von 1860. Fragen Sie ihn doch, ob er wegen dieser Geschichte auf Fußball verzichtet hätte?“ Die Beichte, so hat sie mir berichtet, hat ihr der Bischof dennoch abgenommen und sie freigesprochen – simul iustus et peccator.
Aber bleiben wir lieber beim Fußball. Schön, dass wir in Brasilien die großen deutschen WM-Helden vergangener Tage erleben werden – wenn auch auf der Trainerbank des Gegners. Der US-Trainer, „der wo Schwabe ist“ und denkwürdige Auftritte vor 24 Jahren in Italien hingelegt hat, wird von dem „Terrier auf rechts“ (1974) beraten, den die Amis „Byrdie“ nennen. Vogts und Klinsmann, die beiden Deutschen, im Spiel gegen Jogis „Subber“-Team – jubelnd, wenn Neuer ein Tor fängt, traurig, wenn Müller bei den Amis netzt? Mal sehen, was die Bilder hergeben. Egal wie das ausgeht, wir wissen es doch: Ist ja nur ein Spiel!
Also ich freue mich gerade deshalb auf dieses Match. Es wird Gesprächsstoff liefern. Und wenn wir dann auch noch Weltmeister würden? Schiedsrichter! Sie wissen, worum es geht!
Nur ein Spiel?
Bereits nach wenigen Tagen der diesjährigen Fußballweltmeisterschaft ist definitiv klar, daß die Nationalmannschaften auf dem Felde fortan jeweils noch mit einem zweiten Gegner zu rechnen haben - der schiedsrichterlichen Auswahl, in Potenz. Mit Schiedsrichtern, die wissen, worum es bei derartigen Turnieren heutzutage eben auch geht. Nicht nur für sie, versteht sich.
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