- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können
In den Bars und Restaurants, jedenfalls in München, trinkt man seit Jahren Aperol Spritz, auch Sprizz oder Veneziano genannt. Der sonnige Aperol besteht aus Rhabarber, Chinarinde, Gelbem Enzian, Bitterorange und aromatischen Kräutern. Gemischt wird der Likör mit Weißwein oder Prosecco.
Wer das nicht mag, nimmt gemeinhin einen eleganten Hugo. Er ist frühlingshaft zartgrün und besteht aus Holunderblütensirup, Limetten, Minze, Mineralwasser und Prosecco. Ambitionierte Lokalitäten in der Großstadt bieten Signature-Drinks an, also solche, die es nur bei ihnen gibt. Sie sind ein echtes, attraktives Aushängeschild.
Angeboten werden Kräutermischungen, die man sonst nur aus Salaten und Gemüsegerichten kennt - vermischt mit Alkohol oder Säften. Oder exotische Früchte, ungewohnt kombiniert mit Gewürzen, meist „spicy“. Das alles ist verführerisch, aber auch kostspielig und, wenn überhaupt, eher für besondere Tage reserviert.
Wir haben längst unseren Süd-Balkon als eine Art „roof top bar“ entdeckt, auch wenn wir bloß im dritten Stock eines Mietshauses wohnen. Es gehört zu den schönsten Momenten eines Tages, gemeinsam den letzten Spuren des Lichts zu folgen, den Abendliedern der Amseln und Singdrosseln leise zu applaudieren und sonst zu schweigen.
Dazu ein Glas trinken. Vielleicht mal etwas, das mit ein bisschen europäischer Heimat und viel Fernweh versetzt ist? Ich verrate ein thailändisches Rezept: „Safflower“. Das bedeutet eigentlich Färberdistel. Für den gleichnamigen Drink braucht man Mekhong-Whiskey, der genau genommen Rum aus Zuckerrohr und Reis ist, gewürzt mit thailändischen Kräutern. Man bekommt ihn in Asia-Läden.
Als weitere Spirituosen braucht man Galliano, den italienischen Kräuterlikör, und einen Schuss französischen Cointreau. Das sind gute Anschaffungen. Den Mekhong-Whiskey kann man im Winter heiß mit Zitronen, Honig und Nelken zum Aufwärmen nehmen. Galliano schmeckt auch mit Orangensaft und Sahne auf Eis. Cointreau ist ideal, um Erdbeeren zu marinieren.
Natürlich wird der Alkohol sparsam verwendet. Wichtig ist der Ananas- und, wenn man hat, ein bisschen Kumquatsaft. Kumquats sind reich an Vitamin B und C sowie an Mineralstoffen. Die Schalen sind immer unbehandelt! Jetzt braucht man noch Zitronengras, Thai-Basilikum und Zuckersirup. Und natürlich Safflower, in dem Fall die Blüten der Färberdistel.
Lesetipp: Der Fotograf Carlos Bafile über die Sinnsuche auf Reisen im Wohnmobil
Sie heißen auch falscher Safran. Angeblich ist der nur zum Einfärben von Lebensmitteln und Textilien geeignet. Aber die Blüten der Färberdistel haben eine feine blumige Note und sind wesentlich preiswerter als echter Safran. Ja, der ist durch nichts zu ersetzen - aber Inder, Portugiesen und die Menschen des Nahen Ostens schätzen das dezente Aroma von Safflower.
Die verstehen alle etwas vom Essen - so falsch kann das also nicht sein. Eingelegtes Gemüse, Kürbis- und Möhrensuppe, Mayonnaise, Nudeln, Reis, Salzzitronen - mit all dem harmoniert Safflower farb- und geschmacklich. Öl aus der Färberdistel ist schließlich auch sehr gesund und wertet meine Gerichte auf.
In unseren Frühlingsdrink kommt also Safflower. Und ich freue mich an Sonnenstrahlen im Glas - auch wenn es regnet.