So sehen sie aus - die Flügelbohnen. Wichtig für die Welternährung
sbk
Beim guten Essen auch an andere denken
Essen auf Flügeln
Mir geht es gut. Ich esse oft hervorragend und bekomme auf Dienstreisen tolle Speisen serviert. Aber manchmal wird mir flau im Magen. Es gibt so viele Menschen, denen es bei weitem schlechter geht. Das macht mir zu schaffen
01.05.2024
2Min

Vor kurzem saß ich mit einer neuen Freundin in Chengdu beim Essen. Ich war zu einer Vortrags- und Begegnungsreise nach China gebeten worden. Chengdu ist die Hauptstadt der Provinz Sichuan im Südwesten Chinas. Sichuan, wo der bitterscharfe, zitronige Pfeffer herkommt und es sagenhaften, biologisch angebauten Tee gibt. Wo Giant Pandas eine weltberühmte Schutzstation haben, in der man sie und ihre putzigen Kleinen besuchen kann. Sie futtern Unmengen von Bambus. 

Wir dagegen hatten beide an diesem Abend nur wenig Hunger, weil wir all die Tage zuvor auf das Großzügigste bewirtet worden waren. Chinesen und Chinesinnen sind unfassbar gastfreundlich - die Tische biegen sich in schöner Regelmäßigkeit unter all den Köstlichkeiten, die serviert werden. Es musste eine Pause her … Meine Freundin und ich teilten uns einen Salat aus Flügelbohnen. 

Die Bohnen haben gewellte Säume an den Kanten der Hülsen, die an Flügel erinnern. Daher der Name. Sie schmecken wie eine knackige Mischung aus Zuckerschoten, Schlangenbohnen und Spargel. Die Flügelbohne wird hauptsächlich in Südostasien, Indien, Afrika und Papua-Neuguinea angebaut. Inzwischen habe ich Gärtner entdeckt, die auch bei uns Samen zum Selberziehen verkaufen. Der Anbau ist von größter Wichtigkeit. 

Denn Flügelbohnen sind eine große Hoffnung gegen den Hunger. Alle ihre Teile, Blüten und Blätter, Samen und Knollen sind essbar. Sie sind einfach zu kultivieren und wachsen schnell. Die Schoten von Flügelbohnen sind für Wokgemüse und als Salat geeignet. Unser Gericht bestand aus geputzten und halbierten Bohnen. Sie waren ordentlich gesalzen und gewürzt mit in Öl angerösteten Erdnüssen, Chilischoten und Knoblauch. 

Die Blätter der Flügelbohne sind wie Spinat einsetzbar, die Wurzeln wie Kartoffeln. Aus den Samen gewinnt man Mehl und Öl, auch für Seifen. Ein weiteres kleines Plus: Mit den Blüten kann man Reis und Süßes färben. Die Flügelbohnen enthalten Eisen, Calcium, Phosphor, Kalium und viele Vitamine. Und die schmackhaften Schoten sind vollgepackt mit extrem hochwertigem Eiweiß. 

Sogar in der Volksmedizin spielt die Powerbohne eine interessante Rolle. Man setzt die verschiedenen Teile bei Augen- und Ohrenentzündungen ein, bei Venenerkrankungen, Schmerzen und Diabetes sowie zur Blutreinigung. Sie sind ein Mittel zur Zahn- und Mundpflege. Mit Brei-Umschlägen wird gegen Schwindelgefühl angegangen. Ob das alles funktioniert - ich weiß es nicht. Aber zum Essen sind die Flügelbohnen ideal. 

Wir zwei Frauen haben den feinen, würzigen Salat in Chengdu sehr genossen. Für uns hat er leicht gereicht, während es weltweit weiter Mangel an Nahrung   gibt. Umso wichtiger ist es, sich daran zu erinnern: Andere Menschen sind in Not. Ich esse wirklich dankbar, was mir vergönnt ist. Und hoffe, dass frische Kraft mir Flügel verleiht, um anderen zu dem zu verhelfen, was sie so dringend brauchen.

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Kolumne

Susanne Breit-Keßler

Essen und Trinken hält Leib und ­Seele zusammen. Und darüber Neues zu lesen, macht den Geist fit. Viele Folgen lang hat Susanne Breit-Keßler Ihnen Woche für Woche ihre Gedanken dazu aufgeschrieben und guten Appetit gewünscht. Im Sommer 2024 endete die Kolumne. Die Texte sind weiter im Archiv abrufbar.