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Im Advent braucht man eine unerschütterliche Moral - vor allem dann, wenn man überschwängliche Lust am Schenken hat. Manche Menschen schauen einem vor dem Fest tief in die Augen und betonen: "Ich brauche nichts." Das gibt es auch in einer etwas milderen Form: "Bitte nur ganz wenige und kleine Geschenke! " Andere möchten durch ihr Beispiel überzeugen: "Also, wir schenken uns nichts - höchstens ein wenig Zeit füreinander." Es kommt für Weihnachtsfreaks, wie ich einer bin, noch gefährlicher. Da ist von "sinnloser Hektik" die Rede, von "Geschenkerummel" und dem "Konsumterror". Alles schon gehört, alles irgendwie ehrenwert. Wer möchte schon Bescheidenheit kritisieren oder selbst als dumpfer Materialist abgestempelt werden? Wie gesagt - da muss man stark sein.
"Geschenkerummel" und "Konsumterror"
Es braucht Bekennermut und die Kraft, sich Wünschen auch mal zu widersetzen. Ich gehöre zu denen, das sei hiermit offen zugestanden, die es lieben, ihre Lieben unverdrossen mit Geschenken zuzudecken. Und zwar von Kindesbeinen an. Schon Monate vor dem Fest sparte ich mein kärgliches Taschengeld. Zum Basteln hatte und habe ich einfach kein Talent. Mein Vater, der stets kundtat, nichts zu brauchen, brummelte angesichts meiner Kleinigkeiten vergnügt, ". ..wäre nicht nötig gewesen" und freute sich wie ein Schneekönig. Die Wonne, mit langen Listen durch Geschäfte zu sausen, ist mir geblieben. Egal, wie viel ich zu tun habe, wie viel oder wenig Geld ich gerade habe - so viele Geschenke wie eben möglich müssen her!
Die Vorweihnachtszeit ist die Gelegenheit, an Menschen zu denken, die mir lieb und wert sind. Ich grüble, über was sie sich wohl freuen würden, was ich mir irgendwann einmal heimlich notiert habe. Es ist herrlich zu erleben, wie Ehemann, Freundin oder Kollege erstaunt etwas "auspapierln", an das sie selbst gar nicht mehr gedacht hatten. Im Krankenhaus hat mir eine junge, alleinerziehende Mutter erzählt, wie sie es mit kleinem Gehalt bewerkstelligt, den beiden Söhnen jedes Jahr zu Weihnachten eine Freude zu bereiten: Sie wandert aufmerksam über Flohmärkte, ergattert die tollsten Spielsachen und zaubert damit ein Leuchten auf das Gesicht ihrer Jungs. Andere beglücken mit selbst gemachten Marmeladen, Bildern oder Gedichten, ziehen geschickt aus Ablegern neue exotische Pflanzen.
Es ist nicht das Geld, das Weihnachtsfreude möglich macht
Nein, es ist nicht das Geld, das Weihnachtsfreude möglich macht. Es ist die Liebe, die Sympathie, die man für andere empfindet, die Aufmerksamkeit. Wem ginge nicht das Herz auf bei dem Ausruf: "Woher wusstest du bloß, dass ich mir diese Arien von Kathleen Battle schon sooo lange gewünscht habe?" Wer so beschenkt wird, weiß, dass der andere ihn liebevoll wahrnimmt, sich die zärtliche Mühe des Entdeckens macht, um zu signalisieren: Dich meine ich - dich, so, wie du bist. Alle Geschenke, die unsereins mit einfühlsamer Fantasie präsentiert, sind für mich ein Abglanz des großen himmlischen Geschenks, das uns an Weihnachten gemacht wird: Ein Gott, der Mensch wird, um kleinen und großen Menschen ganz nah, hautnah zu kommen - der sie mit seinem Leben spüren lässt, dass sie für ihn das Kostbarste sind, was es gibt. Also, das muss doch gefeiert werden!