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Was bedeutet es, Frieden mit Gott zu haben? Vermutlich empfinden die meisten von uns Gott nicht als Feind. Dass wir in Gottes Liebe geborgen sind, dass wir Fehler machen und immer wieder neu anfangen dürfen, scheint uns selbstverständlich. Dennoch ist es ein Geschenk, im Frieden mit Gott zu leben. Und wie bei allen Geschenken ist es gut, sich immer wieder bewusstzumachen, dass dieses Geschenk ein großes und wahrlich nicht selbstverständliches ist.
###autor###Es war nie das Handeln Gottes, das mich beunruhigte und mir Sorgen bereitete, sondern immer das der Menschen. Von ihnen geht auch aus, was mir momentan als Erstes zum Stichwort „Bedrängnis“ einfällt: die Kriege in Syrien und im Jemen, der Terror in Irak, Afghanistan und auch in Europa und die vielen Flüchtlinge, die Hilfe, Schutz und eine Zukunft in Würde bei uns suchen. All dies rückt uns nahe und macht Angst. Werden wir die damit verbundenen Herausforderungen bewältigen? Tatsächlich ist ja die Sorge bedrängend: Kann unser Land all die Menschen in Not aufnehmen und beheimaten? Können wir einladend und gastfreundlich bleiben, oder müssen wir uns abschotten und die Grenzen schließen? Können wir den Terror ausschließen? Müssen wir uns besser bewaffnen und militärisch aktiver werden? Die Debatte zu diesen wichtigen Fragen scheint mir bisweilen haltlos und ängstlich aggressiv. Und die Politik geht uns vor allem dort nicht mit gutem Beispiel voran, wo sie populistische Ressentiments bedient und scheinbar schnelle Lösungen anbietet.
Wie wir uns als Christen zu den großen Fragen unserer Zeit verhalten, ist auch eine Frage an unseren Glauben: Bewähren wir uns? Wir stehen in der Gnade, schreibt Paulus. Eine schöne Formulierung, denn wer in der Gnade steht, der steht hoffentlich auch für die Gnade. Es geht darum, sichtbar zu werden: Hier stehe ich, ich kann nicht anders! Wir sind keine Blätter im Wind. Die Liebe Gottes, die in unsere Herzen ausgegossen ist, erweist sich als stärker als unsere Sorgen. Wir müssen bei der hysterischen Suche nach schnellen Scheinlösungen nicht mitmachen. Wir können geduldig die Fakten analysieren und helfen, wo wir helfen können. Wir bewähren uns, wenn wir die Vernunft walten lassen und nach echten Lösungen suchen. Und das sind weder Bomber über Syrien noch innereuropäische Stacheldrahtzäune.
Naiver Gutmensch? Bin ich nicht
Wie immer, wenn man echte Lösungen für große Herausforderungen sucht, darf man Geduld und Mühe nicht scheuen. Auch der Blick auf die Frage, wie wir die Misere mitverursacht haben, ist wichtig, wenn auch manchmal schmerzhaft. Wo wir eigene Schuld an der aktuellen Lage ausmachen, liegt eine große Chance: Wir können unser Verhalten ändern und umkehren. Allzu oft richten unser Lebensstil und unsere Orientierung an kurzfristigen Vorteilen viel Unheil an.
Und schließlich gilt es immer wieder, an den Ort unseres Friedens zurückzukehren: Im Gebet finden wir Ruhe und können abgeben, was uns im Moment zu schwer scheint.
Neulich hat mich jemand als naiven Gutmenschen verspottet. Naiv bin ich nicht. Naiv kann man als Christ gar nicht sein. Wir wissen um die Gebrochenheit der menschlichen Existenz, um die verheerenden Auswirkungen unserer Schuld, um das Leiden der Kreatur und das Leid Gottes. Aber die von Gott geschenkte Liebe in unseren Herzen ist größer als unser sorgenvolles Wissen.
Insofern sind wir wahrscheinlich nicht mal gute Menschen, aber hoffentlich Menschen, die für das Gute stehen. Als solche werden wir gebraucht. Wir stehen in der Gnade und für die Gnade: unbeugsam human und vernünftig und als Zeichen für eine unbeugsame Hoffnung – egal, worum es gerade geht!