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Am Ende des Kirchenjahres verweist der Totensonntag auf das Ende der Zeit. Was wird geschehen an jenem Tag, an dem „alles neu“ wird? Wir sollen auferstehen – wie kann man sich das vorstellen? Schließlich verwest der Körper nach dem Tod. Überhaupt haben doch viele Menschen eine Last mit ihrem Körper: Manchen ist er zu dick, anderen zu dünn, wieder andere leiden unter der mangelnden Leistungsfähigkeit. Unsere Unzufriedenheit schafft einen lukrativen Markt für Fitnesscenter, Sonnenbanken, Kosmetik- und Diätprodukte.
Besonderen Grund zur Klage haben all jene, die an schweren Krankheiten leiden. Manche von ihnen erleben ihren Körper als Ort der Schmerzen und Qualen. Auch jene, die ihr Leben lang unter Mangelernährung, Hunger und Durst gelitten haben oder an deren Körpern man die Spuren ihrer schweren Arbeit ablesen kann: Auferstehung mit diesem Leib? Das erscheint wohl kaum als attraktiv. Dann tröstet wohl eher der Gedanke, alle Körperlichkeit hinter sich zu lassen. Die reine Seele kehrt leicht und körperlos heim zu Gott. So lehrt ja auch manche Religionsgemeinschaft, dass der wahre Mensch ein Seelenfunke sei. Gefangen und geknechtet durch die Materie. Erlösung bestünde dann in der Befreiung von jeder Körperlichkeit.
Der Körper gehört zur Vollkommenheit
Für Paulus ist eine Auferstehung ohne Leib unvorstellbar. Auch Jesus ist zu Ostern leibhaftig auferstanden. Das Grab war leer! So wird es irgendwann auch bei uns sein. Paulus benutzt das Bild vom Samenkorn, um anschaulich zu machen, wie es sein wird: Das Samenkorn stirbt, und daraus erwächst der Weizen. Der Weizen ist im Samenkorn angelegt und doch in Gestalt, Schönheit und Nährkraft von ganz anderer Qualität.
So sollen auch wir zu dem werden, was wir eigentlich sind: vollkommen! Und zu dieser Vollkommenheit gehört ein Körper. Der Mensch ist nicht nur Seele, Gedanke, Idee, sondern eben auch Leib. Das gehört untrennbar zusammen. Wir spüren diese Untrennbarkeit besonders in der Psychosomatik. Körper und Geist nehmen Einfluss aufeinander: Ein Tag an der Sonne mit einem Bad im Meer macht glücklich. Allmorgendliches Jogging oder Yogaübungen machen viele seelisch ausgeglichen. Stress bei der Arbeit führt zu Nackenverspannungen, und schwere chronische Schmerzen bewirken manchmal starke charakterliche Veränderungen.
Umgekehrt hängt der Erfolg eines Leistungssportlers auch an seiner mentalen Stärke. Und manche Menschen können dank der Trotzmacht ihres Geistes scheinbar unerträgliche Qualen überstehen. Körper und Geist (beziehungsweise Seele) sind untrennbar miteinander verbunden.
Liebe will körperlich werden
Wenn wir wirklich vollkommen werden am Tag der Auferstehung, dann ist das nur mit Körper und Geist denkbar. Sonst wären wir nicht vollkommen. Ja, wir sind hier zerbrechlich und ständig durch den Tod gefährdet, schreibt Paulus, aber wir werden kraftvoll und wahrhaft lebendig auferstehen. Qualität und Erscheinung werden dann unser jetziges Sein bei weitem überstrahlen.
Gott, der uns mit einem Körper erschaffen hat, ist die Liebe, heißt es in der Bibel. Die Liebe ist mehr als ein Gedanke oder ein Gefühl. Die Liebe drängt auf Konkretion, will körperlich werden. Sie sucht den Nächsten und braucht dafür Hand und Fuß und gute Gedanken. Wenn die Liebe Ursprung und Ziel unseres Seins ist, dann wird sie nach der Auferstehung ebenso wenig überflüssig sein wie unser Leib. Im Gegenteil: Die Liebe, die wir hier unvollkommen leben, wird unser vollkommenes Sein erfüllen. Es wäre doch schade, dann keinen Körper zu haben, mit dem man einander umarmen kann. Wie der aussieht und wie Gott das alles macht, das können und sollen wir getrost und vertrauensvoll Gott überlassen.