Der ausrangierte Hund
Der ausrangierte Hund
Kati Szilagy
Der ausrangierte Hund
Stefanie Schardien, Pfarrerin in Fürth und "Wort zum Sonntag"-Sprecherin, beantwortet für chrismon jeden Monat kniffelige Lebensfragen.
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27.10.2021

Manuel J. aus Lübeck fragt:

Bekannte von uns haben sich im letzten Lockdown einen Hund gekauft, monatelang alle damit vollgelabert. Nun sind sie geimpft, können wieder überall hin, für das Tier war keine Zeit mehr, es ist im Tierheim. Darf ich ihnen sagen, dass ich es ätzend finde?

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Stefanie Schardien

Stefanie Schardien wurde 1976 in Dortmund geboren und wuchs in der Herzlichkeit des Ruhrgebiets auf. Studium und Beruf führten sie an mehrere Orte: nach Heidelberg, Toronto und Bochum, zum Vikariat nach Hattingen/Ruhr, mit einer Juniorprofessur für Systematische Theologie an die Universität Hildesheim und als Kindergottesdienstpfarrerin nach Nürnberg Als Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern arbeitet sie seit 2016 im Team der Kirchengemeinde St. Michael in der Fürther Altstadt. Für Stefanie Schardien verbinden sich an diesem Ort die besten Eigenschaften von "Citykirche und Dorfgemeinde": "Die Gemeinde hat einen fröhlichen weiten Geist, der viel Kreativität ermöglicht; und gleichzeitig kennt man sich und kümmert sich umeinander." Den Sinn ihrer Arbeit sieht sie darin, gemeinsam den religiösen Fragen nachzugehen und die Antwortversuche des Glaubens zu übersetzen. Und dabei immer wieder auch von der christlichen Freiheit zu erzählen. "Denn die kann es mit all der Angst aufnehmen, die im Moment geschürt wird." Schardien ist überzeugt, dass viele Menschen großes Interesse an Themen haben, mit denen sich Theologie und Kirche beschäftigen. Darum verlässt sie auch gern einmal die Kirchenmauern: Seit langem ist sie für das Radio tätig, aktuell mit Evangelischen Morgenfeiern auf BR 1, und engagiert sich als Präsidiumsmitglied beim Deutschen Evangelischen Kirchentag.

Stefanie Schardien antwortet:

Lockdown-Tiere – eine der trauri­gen Pandemienebenwirkungen. Ich habe mich gefragt: Warum haben Sie sich bislang wohl ­zurückgehalten? Gewissens­bisse, weil Sie Ihre Bedenken nicht vor dem Kauf angebracht haben? Das mögliche Ende der – für Sie ja ohnehin nun "ätzen­den" – Bekanntschaft? Meine Vermutung: Die Sehnsucht nach einem Haustier in der Pandemie konnten viele Menschen gut nachempfinden. Wer hätte das emotionale ­Desaster zuvor auch je geahnt: Wie einsam sich das Leben im Single-­Hausstand oder im Home­office anfühlen könnte? Wie Berührungen fehlen würden? Wie sehr man traurige ­Kinder aufheitern wollte?

Zweifellos: Die Umsichtigen zogen verantwortungsethisch vorbildlich den Rationalitätsfilter ein: Passt der Hund in mein Post-Corona-­Leben? Andere haben das leider zu wenig getan. Ich glaube: Den meisten davon ist ihr problematisches Verhalten sehr bewusst und sie werden sich der Tierabschiebung ziemlich schämen. Zumindest waren Ihre Bekannten verantwortlich genug, den Hund nicht einfach auszusetzen. 

Also: Natürlich, Sie können in der Wunde dieser per­sönlichen Pandemieniederlage bohren und draufhauen. Nur, mit welcher Absicht eigentlich? Der Hund hat nichts davon. Wie ­wäre ein einfühlsameres Feedback? Erster Satz: "Ich stelle mir das ganz schön traurig vor – für euch und für das Tier."

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Ich nehme mich seit 20 Jahren solcher ausrangierten Tiere - vornehmlich Hunde - an.

Was soll ich sagen?

Ja, ganz schön traurig.

Vor allem anderen für das ausrangierte Tier. Und auch für den neuen Besitzer, der es wirklich und endlich ernst meint mit dem Versprechen „für immer“.

Bevor das hier ein Roman wird, beschränke ich mich lieber auf dieses kurze Statement in der nie endenden Hoffnung, ein einziger Mensch hört mal darauf und denkt rechtzeitig (vorher) nach.

Herzlich, Sandra T.