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Wo, bitte, liegt diese Komfortzone? Es fällt mir schwer, sie auf einer Landkarte einzuzeichnen. Sie liegt irgendwo hinter Brüssel, eventuell, denn in Brüssel kann keiner „in der nationalen Komfortzone bleiben“, schreibt die „F. A. S.“. CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär fühlt sich bereits „außerhalb der Komfortzone“, wenn sie sich, hui, im Bikini im Schwimmbecken fotografieren lässt. Die Grüne Agnieszka Brucker möchte „augenzwinkernd“, huiuiui, und „provokant-frech“, huiuiuiuiui, aus der grünen Komfortzone heraus.
###autor### Wie so oft bedienen sich Politiker wie Journalisten beim Dummdeutsch des Seminarbetriebs. „Danger in the Comfort Zone“ hieß bereits vor zwanzig Jahren ein Psychobestseller in den USA, den man salopp mit „Runter vom Sofa!“ oder „Trau dich!“ übersetzen könnte. Also nichts Neues jenseits vom Teich – wo die Autorin übrigens im höchst komfortablen und mollig warmen kalifornischen La Jolla lebt. Seither boomt auch hierzulande das Komfortzonen-Verlassen – in Kursen, Seminaren und im Selbstversuch. Da geben sich junge Menschen, vorwiegend männliche, im Netz gegenseitig Tipps, wie man seine Komfortzone verlassen kann. Lange Listen mit Mutproben kursieren da. Eine Kaffeetasse auf dem Fußboden zerschellen lassen. Mit dem Klappspaten ein Loch ins Eis schlagen und im See baden. Einen Türken (Entschuldigung, das steht da wirklich) auf 20 Prozent des Preises runterhandeln. Im Supermarkt laut „Ficken!“ schreien. Mit orangenen Flipflops und oberkörperfrei nach dem Weg zum Brandenburger Tor fragen. Hilfe! Dann doch lieber Dorothee Bär im Bikini im Berliner Vabali-Bad!
Im Ernst. Es ist ja nicht so, dass in Deutschland nichts zu tun wäre. Von wegen nationale Komfortzone. Wir haben 2,4 Millionen arme Kinder. Wir haben Flüchtlinge, Neonazis und eine Million Menschen, die abgehängt sind vom Arbeitsmarkt. Wem langweilig ist, der findet einen Einsatzort jenseits des zugefrorenen Sees und des Berliner Spa. Liebe Leute, die ihr offenbar so gar nicht ausgelastet seid: Macht was Gescheites. Oder schreit oberkörperfrei auf dem zugefrorenen See laut „Ficken!“ auf Türkisch. Hört dann ja keiner. Oder ihr bleibt einfach drin in eurer Komfortzone.
"Komfortzone" - chrismon 03/2015
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