Foto: Sven Paustian
Hallo und :) ? Nicht mit mir. Ich grüße freundlich und häufig auch herzlich – und komme mir dabei vor wie Graf Yoster
Lena Uphoff
17.02.2012

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, gerne stelle ich Ihnen auch in dieser Ausgabe meine Notizen vor. Ich verbinde damit die Hoffnung, Sie zu eigenen Überlegungen anzuregen, Sie in ein – wenn auch virtuelles – Gespräch einzube­ziehen. Vielleicht reize ich Sie, meinen Wahrnehmungen mit Widerspruch zu begegnen, zu sagen oder wenigstens zu denken: Nein, da bin ich völlig anderer Meinung! Auch dies wäre durchaus in meinem Sinne. Traurig wäre ich nur, wenn ich Sie gar nicht erreichte, ja, Sie diesen Text gelangweilt zur Seite legen würden. In diesem Sinne grüße ich Sie ebenso herzlich wie hochachtungsvoll. Ihr Arnd Brummer

Hallo! Text. Und? Viel los! ab

Die Zeit der Briefe ist vorbei. Lange Telefonate nur noch abends. Es wird gemailt und gesimst. Knapp, aber öfter. Schriftliche Kommunikation ist kein Ereignis mehr, das man mit Grußformeln und Höflichkeitsfloskeln feiern muss. Liebesbriefe! ­Hören Sie doch auf mit dem Quatsch. Wenn ich das schon lese: Bin ich sehnsüchtig und bange auf Ihre Antwort wartend Ihr ergebendster... Solch muffigen Unsinn produziert doch heute ­niemand mehr. Heute heißt das: Love :) 4 bei Mac?

Ist ja alles richtig. Und es ist auch nicht neu. Schon die alten Spartaner mochten keine langatmigen Begrüßungsfloskeln. Dennoch erlaube ich mir, den Verlust der freundlichen Anrede und des Abschiedsgrußes höchlich zu betrauern. Denn ich beobachte, dass die Reduktion auf das Allernotwendigste an Wahrnehmung des Gegenübers sich nicht auf die schriftliche Kommunikation beschränkt.

"Wieso schuldig? Kein Geld dabei?"

An die Stelle des „Guten Tag“ und „Grüß Gott“ ist das globalisierte „Hallo!“ oder „Hi!“ getreten. Das schleudert mir auch der Verkäufer in der Bäckerei entgegen und die Buchhändlerin und der Taxifahrer. Es folgt ein fragender Blick, beim Bäcker vielleicht noch die Einwortfrage „Und?“ oder im Taxi „Wohin?“. Okay. Zwei Vollkorn, ein Rosen. Bahnhof. Jaaa!
Neulich in Leipzig habe ich eine Metzgerin am Ende meines Einkaufs mit der Frage verwirrt: Was bin ich schuldig? Ihre Antwort: „Wieso schuldig? Kein Geld dabei? Karte geht auch.“

In solchen Augenblicken komme ich mir vor wie Graf Yoster. Das war der von Lukas Ammann gespielte, aus der Zeit gefallene ­Privatdetektiv einer TV-Vorabendserie im vergangenen Jahr­hundert. Der Running Gag der Serie war das aristokratische Gehabe und  die entsprechende Redeweise des Grafen auf der einen und die schlichte Unterweltrhetorik seines Butlers Johann auf der anderen Seite, eines ehemaligen „schweren Jungen“ mit längerer Knastgeschichte, gespielt von Wolfgang Völz.

Ich leiste Widerstand und wünsche hartnäckig "guten Tag"

Fragte der Graf ­seinen Begleiter: „Könnten Sie unseren Gast zur Tür geleiten?“ So wandte dieser sich an den Fremden: „Und jetzt raus! Aber plötzlich!“ Der Aristokrat konnte sein gestriges, gespreiztes Benehmen im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig (mit dem Stockschirm) kurz und schmerzlich verwandeln. Gleichwohl blieb er distinguiert. Einmal sagte eine „Dame“ zu ihm: „Ich finde alles Förmliche zum Kotzen.“ Er: „Sie haben eine außerordentlich erfrischende Ausdrucksweise.“

Ich habe mir vorgenommen, mich dem Trend zur allgemeinen Grußlosigkeit und zum Knappreden zu widersetzen. Ich schreibe  auch in meinen Mails „sehr geehrte“ Unbekannte und „liebe“ Bekannte an. Und ich grüße am Ende „freundlich“ oder häufig auch „herzlich“. Und ich freue mich außerordentlich, ja, ich bin angenehm berührt, wenn einer der seltenen Fälle eintritt, dass sich jemand in derselben Tonlage an mich wendet, etwa wenn ein Verkäufer mich fragt: „Womit kann ich Ihnen behilflich sein, mein Herr?“ Wie neulich, zu meiner völligen Überraschung in der bereits zitierten Bäckerei. Noch lieber habe ich meine Bestellung aufgegeben: „Wären Sie bitte so freundlich, mir zwei Vollkorn- und ein Rosenbrötchen einzupacken.“

Hallo! Ich leiste Widerstand! Und ich wünsche hartnäckig ­einen „guten Tag“, liebe Leserin, lieber Leser.

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Lieber Herr Brummer,
Sie wollen mich "in ein Gespräch einbeziehen". Also dann:
Sie grüßen höflich und verwenden Anreden und Schlussgrüße. Ok.
Machen Sie weiter so, das ist eben Ihr Stil.

ABER: Müssen Sie das unbedingt allen Lesern (aller Welt) mitteilen?
Wenn ich der Chrismon-Redaktion demnächst auf einer Druckseite mitteile, wie ich meine Zehennägel schneide, muss das auch die gesamte Leserschaft wissen?

Freundliche Grüße
(immerhin)

Bernd Gasch

Sehr geehrter Herr Brummer,

ich freue mich sehr, gemäß Ihres Artikels einen Mitstreiter gefunden zu haben.

Grußformeln im schnöden E-Mail-Alltag

Die Anredeformel spiegelt meiner Ansicht nach auch die Achtung und Würde dar, mit der man dem Anderen begegnet. Der Andere ist mir wichtig und dann ehre ich ihn auch mit einer ausformulierten Anrede. (Und das trotz der 40 E-Mails, die ich im Schnitt täglich zu schreiben habe!)
Ich setze auch bewusst noch einen Punkt obendrauf, in dem ich Menschen, die ich etwas besser kenne und gerne mag, mit "liebe Frau.../lieber Herr..." anschreibe.
Denn in unserer hochtechnisierten Kommunikationswelt bleiben zu gern die Gefühle aussen vor.
Aber das ist es nicht, was die Menschen suchen.
Der Mensch möchte angenommen sein, akzeptiert sein, er sucht über die reine Informationsebene hinaus die Gefühlsebene, und erst die ist es, die uns glücklich macht (und auch dazu bringt, dem anderen diese Anerkennung und Ehrerbietung wieder zurückzuspiegeln).

Ähnlich verhält es sich mit der Abschluss-Grußformel.
Auch diese endet bei mir mindestens "mit freundlichen Grüßen". Dies wegzulassen - eilige E-Mail hin- oder her- ist soviel wie die Türe vor der Nase zugeschmissen.
Doch auch diese allgemeine Grußformel kann auch als distanziert empfunden werden.
Wem ich wirklich zeigen möchte, dass es mir etwas bedeutet, der bekommt andere Grüße mit.
Schon beim Lesen folgender Steigerungen:
"mit freundlichem Gruß"
"viele Grüße"
"mit besten Grüßen"
"sonnige Grüße"
"herzliche Grüße"
"mit herzlichen Grüßen"
merkt man, wie einem immer wärmer ums Herz wird.
So wird diese Formel auch als ernstgemeinte Botschaft guter Wünsche wahrgenommen.
Der Absender meint es gut mit mir.
Der Absender mag mich.
Oder man versetzt sich in den Empfänger hinein:
"Viele Grüße nach München" heißt, ich versetze mich in die Rolle des Empfängers hinein.
Der Mensch will dort abgeholt werden, wo er ist, und das wird er, indem ich mich mit seiner geografischen Herkunft auseinandersetze.
"Viele Grüße nach München an den Weisswurschtäquator" verbindet das Ganze mit einer humorvollen Pointe, eine im schnöden E-Mail-Alltag oftmals willkommene Abwechslung.

Grüßen auf der Straße

Hier gehöre ich - gerne- noch zu den radikalen und penetranten Grüßern.
Mir reicht das "Guten Tag" nicht.
Ich sage -auch am Telefon- lieber: "Grüß Gott". Und lächle dabei in mich hinein.
Denn ich meine es wirklich so.
Sie sollen ihn wirklich von mir grüßen, sobald sie ihn sehen.
Denn rackzack ist unser Leben hier auf der Erde vorbei und man steht vor der Himmelstüre vor eben diesem lieben Gott.
Das möchte ich mir durch diesen Gruß jeden Tag von Neuem vor Augen halten, ähnlich wie die Perser in Gedenken an ihre Sterblichkeit sich jeden Tag ihren Turban auf den Kopf binden.
Durch meinen schwäbischen Ehemann habe ich neulich erfahren, dass man im Schwabenland früher als Antwort auf "Grüß Gott" den Satz "Segne´s Gott" gesagt hat. Von unserem Badnerland war mir das nicht bekannt. Aber beim Nachdenken kann schon die ursprüngliche Sinnbedeutung erahnen.
Das Leben beider Redner ist endlich. Einer stirbt früher als der Andere. Der Frühersterbende geht voraus, tritt in Dialog mit Gott und erwirbt eventuell einen Segen Gottes für sich oder auch für den Zurückgebliebenen.
Auf jeden Fall ist der Begrüßte mit dem Gedanken an Gott konfrontiert, bzw. der religiös geprägten Haltung des Grüßenden und nicht mit einem abgedroschenen "Tag(chen)" oder "Hallo". Man könnte auch "Wuff-wuff" in einen Laden hineinplärren, das alles hat den Charakter eines Monologs, keinesfalls eines ernstgemeinten Dialogs.

Mit diesen Grundgedanken freue ich mich immer, auf Gleichgesinnte zu stoßen, die sich bei diesen Kleinigkeiten des menschlichen Miteinanders ebenfalls ein wenig mehr Mühe machen.

mit sonnigen Grüßen vom (noch) zugefrorenen Bodensee,

Simone Pfeffer-Brandl

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Lieber Herr Brummer,
bitte grüßen Sie weiterhin freundlich und bringen damit ein wenig Licht in die unhöfliche Welt! Ich habe mich in Ihrer Kolumne sehr gut wiedergefunden und finde es fabelhaft, dass Sie die Unhöflichkeit im täglichen Miteinander thematisieren. Ich leiste ebenfalls hartnäckig Widerstand und wünsche einen "guten Tag" oder "guten Morgen", wenn mir ein vertrauliches "Hallo" entgegengeschmettert wird. Mein Selbstverständnis gebietet es mir, beim Brötchenkauf das Wörtchen "bitte" zu verwenden und nicht die Frage der Bedienung "Was darf es sein?" mit "5 Brötchen" zu beantworten.

Ich bin ein Freund der ausführlichen Sätze (manche bezeichnen es als blumig) und freundlichen Worte. Deshalb mein Apell an die Leser: Bitte benutzen Sie die wunderbaren Formen der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten, die uns von Gott gegeben wurden!

Es grüsst Sie herzlich mit besten Wünschen,
Ihre Claudia Lange

PS: Neulich habe ich meinem Freund erst einen 4seitigen Liebesbrief geschrieben ....

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Hochverehrte Frau Simone Pfeffer-Brandl! Wie schon der geehrte Herr Bernd Gasch bemerkte, ist das Thema der Floskeln, die von Herzen kommen müssen, damit sie auch zu Herzen gehen, eine Angelegenheit, die größter Achtsamkeit und Aufmerksamkeit bedarf. Dieser mich untertänigst befleißigend wollte ich auf ein ebenso brisantes Element in Ihrem Beitrage zu sprechen kommen. Mit Ihrer gütigsten Erlaubnis darf ich Sie zitieren: "Viele Grüße nach München an den Weisswurschtäquator". Die genaue Lage des Weißwurstäquators ist zwar unter herzensgebildeten Menschen umstritten. Seinen Verlauf aber ausgerechnet in München anzunehmen, ist auf jeden Fall originell und zeugt von einem gütigen und weiten Herzen. Und darauf kommt es schließlich an. Ich verbleibe Sie alle in mein Abendgebet einschließend Ihr ergebenster Iwan der Schreckliche.

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Sehr geehrter Herr Brummer,

ich stimme Ihnen aus eigener Erfahrung zu. Als Dozent an einer amerikanischen Universitaet erhalte ich immer haeufiger Emails von Studenten, die weder Anrede noch Abschiedsformel enthalten. Es ist an amerikanischen Unis bei vielen Professoren inzwischen Usus, im Kurssyllabus darauf hinzuweisen, dass Emails ohne Anredeformel nicht beantwortet werden. Diese Entwicklung schadet in erster Linie natuerlich nicht nur den Gespraechspartnern dieser Hoeflichkeitsverweigerer sondern in erster Linie den Studenten selbst, denn gerade fuer junge Leute, die Berufseinsteiger sind, ist es natuerlich besonders wichtig, einen guten Eindruck zu machen. Ich persoenlich denke, dass wir den jungen Leuten als Vorbilder dabei helfen koennen, ein Mindestmass an hoeflicher Kommunikation trotz Email, Handy und Co. wieder neu zu lernen, in dem wir mit gutem Beispiel voran gehen. Also immer weiter so!

Mit herzlichen Gruessen,
Nick O.

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Sehr geehrter Herr Brummer,

leisten Sie bitte weiterhin Widerstand gegen die angeblich so schicke und moderne Abwertung sprachlicher Umgangsformen. Ich mache es auch.

Widerstand leiste ich auch gegen die Unterwanderung unserer Sprache mit Anglizismen: Ich weiß nicht, wo auf der Welt ausser bei uns ein Funktelefon als "handy" bezeichnet wird. Das englische Adjektiv "handy" steht für "praktisch, geschickt". Ich wüßte gern, wer auf die Idee kam, ein Funktelefon in der deutschen Sprache als "Handy" zu bezeichnen. Statt "e-Mails" zu "mailen", begnüge ich mich damit, einfach "Nachrichten" zu schicken. Jeder versteht es.

Es wird mir vermutlich nicht gelingen, die Welt in diesem Bereich zu ändern, aber ich bleibe trotzdem dabei.

Freundliche Grüße
Wolfgang Schönebeck, Berlin

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Sehr geehrter Herr Brummer,

ich finde es geradezu wunderbar, dass auch Sie dazu entschlossen sind, gegen die allgemeine Sprachverwahrlosung Widerstand zu leisten. Durch die heute genutzten, elektronischen Kontaktmöglichkeiten der modernen Medien, die Dialoge oft bis zur völligen Unverständlichkeit einkürzen, hat sich die von Ihnen so heftig monierte Spracharmut entwickelt. Andererseits, wenn ich oft höre, was für ein seltsames Kauderwelsch gerade junge Menschen einem zu Gehör bringen, bin ich dann doch das eine oder andere Mal ganz froh, wenn mir die Betreffenden so manche sprachlichen Verunstaltungen ersparen. Aber insgesamt finde ich es dennoch wichtig, sich für sprachliche Qualität, (halbwegs) manierliche Umgangsformen und eine Konversationskultur jenseits des Stenogrammstiles zu engagieren. Ich danke Ihnen herzlich für Ihren anregenden Beitrag.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Robert K. Staege

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Wolfgang Schönebeck schrieb am 10. März 2012 um 23:30: "Ich wüßte gern, wer auf die Idee kam, ein Funktelefon in der deutschen Sprache als "Handy" zu bezeichnen." Die endgültige Antwort auf diese bedeutende Frage der Moderne steht noch aus. Sollten Sie als bekennender Widerstandskämpfer für die Reinheit der deutschen Sprache auch der wichtigen Unterabteilung "Kampf dem Dialekt!" angehören, befriedigt sie vielleicht folgende Erklärung: Die Schwaben sind die Schwerverbrecher. Soll doch einer von denen angesichts eines Hand-Funk-Fernsprechgerätes (Telefon ist übrigens auch so ein ekliges undeutsches Wort) ausgerufen haben: "Hän die koi Schnur?"

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"Anregender Beitrag", hm, für mich, bitte mir das nachzusehen, gähnende Langeweile, weil, wie mir scheint, uralte Klage einer älteren Generation der jüngeren gegenüber. Und so viel Gerede um nichts als Worte, wo aber bleibt ihr Inhalt? Weitschweifig, ausladend, hoffnungslos veraltet. Gibt es denn nichts, meine Damen und Herren, was man der Jugend zubilligt an Eigenheiten? Wenn sie schon nicht mal mehr rauchen darf, keine Drogen, keinen Alkohol zur Erbauung und Schulung des jungen Geistes nutzen darf, wie soll sie denn, ich bitte Sie, ihren sehr eigenen Weg denn finden, vornehmlich in unsere ehrenwerte achtbare bürgerliche Gesellschaft? Wollen wir sie denn dauernd ausgrenzen, ihr unsere Vorschriften diktieren, sie ihres eigenen Lebens, welches von Gott geschenkt, berauben, indem wir sie in unsere Raster pressen? Höflichkeit ist ein Vorrecht der Älteren, die Jugend strotzt vor Kraft, sie in Höflichkeitsfloskeln zu quetschen, ist, sie wie eine Zitrone auszupressen, oder sie in Zwingen zu legen, sie zu bremsen, ihren jungen Geist zu trimmen, wie ein junges Fohlen, das einmal ein stolzer dressierter Hengst werden soll, und alles das, nur, weil wir fürchten, nicht mehr mitzuhalten? Oder weil unser Ego, oder die Eitelkeit uns daran hindern? Oder fürchten wir gar die Erinnerung an unsere eigene Jugend, die Sturm und Drang Zeiten, die Ausbrüche, dann die allmähliche Anpassung, den Ehrgeiz, den Betrug, die Lüge..., nein, nein, nein, meine Verehrtesten, diese Jugend samt ihrer Sprache ist vielleicht, möglicherweise zu vernachlässigt, zu vereinsamt...Wir sollten uns ihrer annehmen, und sie fördern, sie aber nie mehr an Ketten von Anstand, Höflichkeitsfloskeln fesseln, oder sie etwa an verlogene Gesellschaftssysteme binden! Selbst wenn wir es wollten, sie gehört uns nicht, und die Kritik, der Unterschied soll unser Schaden nicht sein: wir dürfen lernen, das Lernen nie aufzuhören! P.S. Es gibt unter der Jugend viele Superhirne, was sollen da Höflichkeitsfloskeln?!

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Wer den höflichen, also kultivierten, Umgang von Menschen miteinander als ein Zwingen, eine unzulässige Einschränkung, als Beschneidung der (vermeintlichen) Freiheit einordnet, hat den Sinn dieser Form von Kultur nicht ganz durchdrungen. Dennoch geht es dabei nicht allein um Höflichkeitsfloskeln, sondern um deutlich mehr. Es mögen in diesem angesprochenen Personenkreis durchaus geniale (hoffentlich möglichst viele!!!) Typen sein. Aber Genialität schließt mE die tadellose Beherrschung der Muttersprache mit ein. Und jetzt komme mir keiner und sage, die könnten das schon, es sei nur Ausdruck einer Protesthaltung, die Anwendung der allgemeinen Hochsprache zu verweigern. Meine beruflichen Erfahrungen zeigen klar etwas anderes. Ich muss sehr viele von Angehörigen der jungen Generation verfassten Schreiben lesen. Und in der überwiegenden Zahl der Fälle strotzen diese Elaborate nur so von Fehlern. Das sind keine dummen Menschen, die meisten haben Abitur. Nur sie sind nicht mehr fähig, sich in ihrer eigenen Landessprache schriftlich adäquat auszudrücken. Was das im Rahmen von Bewerbungen häufig zur Folge hat, muss ich wohl nicht näher erläutern. Das nun aber auf eine "Unhöflichkeit" reduzieren zu wollen, wird der Sache nicht gerecht. Sprachliche Defizite sind kein Ausdruck einer Protesthaltung, sind kein Widerstand gegen das Establishment, sind schon gar nicht genial; sie sind nur traurig und erschreckend.
Es wertet die Betreffenden als Menschen in keiner Weise ab, aber es beschneidet ihre Möglichkeiten in jeder Hinsicht enorm. Ich gestehe jedem zu, dass er das anders sieht. Aber meine persönlichen Erfahrungen sind hier
eindeutig. Wer die Sprache beherrscht (Höflichkeit ist letztlich auch nur Sprachbeherrschung!), der hat beim Umgang mit Jung und Alt stets die "besseren Karten".

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Auf die Lektüre Ihrer Glossen freue ich mich immer ganz besonders, doch dieses Mal haben Sie ein Thema aufgegriffen und Ihre Gedanken dazu so sehr in meinem Sinne formuliert, dass ich Ihnen ein Kompliment nicht versagen kann. Treffend haben Sie eine der neuen Unsitten charakterisiert und ich schließe mich sofort Ihrem Vorhaben an, sich „dem Trend zur allgemeinen Grußlosigkeit und zu Knappreden zu widersetzen“.

Eigentlich hätte ich Ihnen mit dem Füller einen Brief schreiben sollen, aber da Sie Ihren Text so stark auf das neuen Medium bezogen haben, wählte ich nach einigem Zögern doch den elektronischen Weg.

27.02.2012

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Ihre Notizen zu lesen bereitet Vergnügen! Und dieses Mal sprachen Sie mir aus vollem Herzen. Zum einen bemühen wir uns häufig, eine Nachricht mit der Hand zu schreiben und per Briefpost zu versenden. Zum anderen ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, die Anrede (wie oben) zu gestalten und auch einen netten Gruß zum Abschluss mitzusenden. Im übrigen ist es hier in Bayern ganz normal - auch beim Wandern oder im Ort - "Grüß Gott" zu sagen. Manchmal, wenn man den Eindruck hat, der Mensch, der einem begegnet, würde von sich aus wahrscheinlich nicht grüßen, tue ich dies mit "Fleiß" oder auch nur um den anderen ein wenig aufzulockern. Es funktioniert, zumindest fast immer.

Auf alle fälle sage ich Ihnen Danke für Ihren letzten Artikel, den ich las, wünsche Ihnen, dass Sie ohne bedauernde Erinnerungen an Graf Yoster bei Ihren bisherigen Gepflogenheiten bleiben.

29.2.2012

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Sehr geehrter, lieber Arnd Brummer,

Ihr "Widerstand" gegen den lockeren Umgangston in der Gesellschaft in Ehren, aber paßt sich nicht gerade die Evangelische Kirche beflissen dem Zeitgeist an?

Wie soll denn die Begrüßung lauten, wenn ich im chrismonshop shoppe? "Hi" scheint mir da angemessen.


Es grüßt Sie sehr freundlich
Irmgard Hammers