Anja Lehmann
Kirchentag: In Dresden geht’s um Herzensdinge. Um Menschlichkeit, Zuversicht, Mut. Und die haben viel zu tun mit – Demut

Eine Freundin von mir hat einen zehnjährigen Sohn. Der fragte sie vor kurzem: Wieso ist Jesus eigentlich der „Retter der Welt“? Seine Mutter stutzte und suchte nach einer Erklärung: „Du kennst doch die Filmhelden, die mit übermenschlichen Kräften gegen das Böse kämpfen und gewinnen; so ähnlich ist das mit Jesus gewesen.“ – „Aber ein Held stirbt doch nicht!“, sagte ihr Sohn. Da wusste die Mutter erst einmal nicht weiter.
Jesus setzt sicherlich nicht Raum und Zeit außer Kraft. Und doch ist er mächtig. Bei ihm ist alles anders, alles neu, überraschend. Jesus ist stark im Hinnehmen, er kämpft nicht mit Fäusten, sondern mit dem Herzen. Er lebte unser anderes Ich: die Menschlichkeit. Er wurde unser Trost, unsere Hoffnung, auch weil er diese Demut bis zum Tod durchgehalten hat. Er ließ sich nicht abbringen von dem Glauben, dass Gott es gut mit ihm meint. Das spricht auch aus seinen Worten am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – „Mein Gott“, sagt er: Mit dieser Treue zu Gott verlässt er die weit verbreitete Logik von Hass und Vergeltung. Schmerz kann sich verwandeln in Mut und Herzenskraft. Das ist eine tiefe Erfahrung: Weil es die Auferstehung gibt, kann unser Herz auch in dunklen ­Tagen lebendig und voller Hoffnung sein, unser Mund voll österlichen Gesangs und Lachens.

Nur jeder Vierte ist dort Kirchenmitglied - aber viel mehr wollen beim Kirchentag dabei sein


Es gibt eine neue Sehnsucht, eine Hoffnung: dass wir Menschen mehr sind als ein Faktor im Bruttoinlandsprodukt oder eine zuverlässige Kollegin oder die, die zu Hause für Wohnlichkeit und Kindererziehung sorgt. Die Sehnsucht nach dem ganz anderen, nach Gott, nach Lebenssinn und Gemeinschaft begegnet mir auch in Dresden, der Stadt des Deutschen Evangelischen Kirchentags (1. bis 5. Juni). Nur jede(r) Vierte ist Kirchenmitglied dort, aber viel mehr wollen dabei sein, wenn 100 000 Gäste kommen. Die Dresdner sind neugierig, wollen wissen, was da kommt und wer. Von der Oberbürgermeisterin bis zum Schulleiter, vom Feuerwehrmann bis zur Konfirmandin öffnen sich die Türen und Köpfe. Und selbst die Skeptiker fragen nach: Was passiert da?
„...da wird auch dein Herz sein“: dieser Halbsatz aus der Bergpredigt Jesu (Matthäus 6,21) wird als Motto den Kirchentag prägen. Wie das Vaterunser und die Seligpreisungen ist es Grundlage bei Bibel­arbeiten, in Gottesdiensten, Liedern, Theaterstücken, Tänzen: Es ist gut, diese alten, bekannten Worte neu anzusehen, zu hören, was sie anderen bedeuten, wo sie Trost gaben oder Rebellion auslösten.

Studenten werden überall in der Stadt auf religiöse Fragen antworten

Ich wünsche mir, dass vom Kirchentag etwas ausgeht, was für das Leben bleibt. Indem wir zum Beispiel als Christinnen und Christen mit unserem Glauben an den schwach-starken Christus andere begeistern. Indem wir mit der Fröhlichkeit unseres Glaubens anstecken. Indem wir mitteilen, was uns Orientierung gibt.
Auf eine Aktion während des Kirchentags freue ich mich besonders: In der Stadt werden Kirchenbänke stehen, Studierende der kirchlichen Musikhochschule werden dort sitzen und erklären: Was ist Taufe? Warum feiern wir Pfingsten? Was be­deutet Himmelfahrt?... Ich bin gespannt, wie das bei den Dresdnerinnen und Dresdnern und allen anderen Besuchern ankommt.
Meine Freundin und ihr Sohn waren noch nie auf einem Kirchentag. Nach Dresden wollen sie kommen. Vielleicht werden sie eine Antwort finden, wie das ist mit Jesus, dem Retter der Welt. Anders wohl als in Hollywood: nämlich mit tiefen Brüchen, mit Todesangst, mit Verzweiflung – und doch am Ende frei und erlöst.
Sehen wir uns, in Dresden? Ich würde mich sehr darüber freuen!

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Ich bin sehr enttäuscht über Frau Göring-Eckardt und kann sie nach den Vorkommnissen im Bundestag im Zusammenhang mit den wüsten Beschimpfungen von Grünen, Linken und SPD gegenüber Herrn zu Guttenberg nicht mehr ernst nehmen. Als Bundestagsvizepräsidentin hätte Sie den Verunglimpfungen Einhalt gebieten und die Redner, allen voran Herrn Trittin, ermahnen müssen. Das macht man offenbar nicht bei einem Parteigenossen. Wo ist hier das christliche Engagement? An diesem Tag ging es Bundestag unter ihrer Leitung zu wie in einer Bananenrepublik. Wenn ich dann den obigen Artikel lese, ist Sie damit für mich als Christin mit all ihren schönen Worten unglaubwürdig. Und auch Ihr Magazin erscheint mit damit in einem anderen Licht. Es grüßt Sie Hildegard Hübner
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Hildegard Hübner (nicht überprüft) schrieb am 7. April 2011 um 12:03: "An diesem Tag ging es Bundestag unter ihrer Leitung zu wie in einer Bananenrepublik." Welche Republiken auch immer gemeint sein mögen mit der Beschimpfung als Bananenrepublik, im deutschen Parlament geht es auf jeden Fall so zu, wie es sich für eine anständige Demokratie gehört. Die Damen und Herren dort machen die Gesetze, nach denen sich dann alle richten müssen. Das finden die meisten der lieben Zeitgenossen sogar noch großartig, denn schließlich haben sie selber wählen dürfen, wer ihnen sagen soll, wo es lang geht. Als gehorsame Untertanen haben die freien Bürger selbstverständlich einen moralischen Anspruch auf saubere Herren. Wenn sich nun ein Mitglied des Hohen Hauses dummerweise hat dabei erwischen lassen, wie es wesentliche Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben hat, dann gibt es für die Mitglieder der anderen Parteien nur noch eine demokratische Pflicht: Der Mann muss moralisch in die Pfanne gehauen werden! Der demokratische Meinungskampf besteht darin, dies möglichst gekonnt hinzukriegen. Die jeweilige Sitzungspräsidentin hat dafür zu sorgen, dass die Beschuldigungen und die Erwiderungen freien Lauf haben. So geht die parlamentarische Rede- und Meinungsfreiheit. Also nix Bananenrepublik, sondern echte gereifte Demokratie. Andererseits gilt es als unfein, über Menschen schlecht zu denken und zu reden. Was machen wir nun aus diesem ethischen Widerspruch? Ganz einfach! Wir erfinden hinter der wirklichen Welt eine zweite Welt, in der der Anstand voll zum Zug kommt. Das ist die Welt des Herrn Jesus. Was kann es da eigentlich noch Schöneres geben, als wenn die Frau Bundestagsvizepräsidentin gleichzeitig Präsidentin des Deutschen Evangelischen Kirchentages und Herausgeberin von chrismon ist? In dieser dreifachen Funktion hat sie die klärenden Worte dazu in ihrem Artikel schon geschrieben. Zitat: "Jesus ist stark im Hinnehmen, er kämpft nicht mit Fäusten, sondern mit dem Herzen. Er lebte unser anderes Ich: die Menschlichkeit."