Susanne Breit-Keßler
Picknick mit Jesus
03.06.2020

Warum weiß ich nicht. Aber ich wollte immer einen Picknick-Korb haben. Einen, der englisch wirkt, der nach Tweed, Rosengarten und Golden Retriever duftet. Wahrscheinlich hängt das mit meiner ausgeprägten Anglophilie zusammen, mit meiner Leidenschaft für alles, was von der Insel kommt. Na ja, fast alles. Ich wollte so einen Korb haben mit richtigen Gläsern, weißem Porzellan, ordentlichem Besteck und Lederbändern, um alles hübsch festzuhalten. Einen, der groß genug wäre, auch noch eine Tischdecke zu fassen, Stoffservietten und natürlich Essen samt Getränken.

Dabei besitze ich noch nicht mal einen Hut

Ein bisschen Pferderennen in Ascot, Tennis in Wimbledon und Cricket- Matches mit der traditionellen Imbiss-Teepause, auch wenn ich von all dem nichts verstehe, noch nicht mal einen Hut besitze und früher nur mal ein mit dem Schläger auf dem Sandplatz herumgestümpert habe. Meinen Korb habe ich bekommen - als Werbegeschenk einer Firma für keine Ahnung mehr was. Ich schleppe ihn bei jedem Umzug stolz von Wohnung zu Wohnung mit. Freue mich an ihm, an Literatur und Malerei, die voll sind von Szenen und Bildern mit Menschen, die im Freien dinieren.

Nicht nur geistige Nahrung

Sie picken eine Kleinigkeit auf, was das Wort Picknick ja meint. Und dann bin ich besonders vergnügt, weil der Gott, an den ich glaube, auch Picknick gemacht hat. Mit 5000 hungrigen Menschen, denen er nach seiner Predigt anriet, sich zu lagern und die er mit fünf Broten und zwei Fischen sättigen konnte. Zwölf Körbe Brot blieben übrig und ziemlich viel Fisch. Jesus aus Nazareth hat für das alles keinen Picknick-Korb gebraucht, kein Geschirr, kein Besteck. Es war wohl allein Liebe zu den Menschen, die ihn beflügelt hat, nicht allein für geistige Nahrung, sondern auch noch fürs Essen zu sorgen.

Wunder kann ich nicht. Meinen Picknick-Korb habe ich - offen gestanden -  auch noch nie benutzt. Er ist ganz einfach zu schwer. Vielleicht ist es besser, sich nicht gar so viel aufzuladen. Nichts anzuhäufen und zu horten. Sondern die himmlisch-köstlichen Kleinigkeiten aufzusammeln, die für einen im Leben bereitstehen. Um festzustellen, dass sie das Wesentliche sind.

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