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Mein Vater versuchte, mir Vieles beizubringen. So sollte ich als Jugendliche die ellbogenlangen Haare mit Klämmerchen aus dem Gesicht nehmen - damit man mich sieht und ich die Welt erkennen kann. Sellerie oder Rote Bete, die mir von Herzen zuwider waren, wurden mir immer wieder aufgetischt - so, wie meinem gleichaltrigen Cousin rohe Tomaten und Zwiebeln, die er seinerseits vollkommen verschmähte. Es half alles nichts. Den unpädagogischen Zwangsmaßnahmen stellten wir uns mit all unserer Energie entgegen. Ich würde sagen, der Kampf ging damals unentschieden aus.
Und Sellerie? Esse ich in jeder Form
Heute habe ich so kurze Haare, dass mir wahrlich nichts mehr entgeht. Ich sage zu meinem Erschrecken sogar den gleichen Satz, den mein Vater stets von sich gab: „Es soll ja nichts im Gesicht rumhängen!“ Und Sellerie? Esse ich in jeder Form. Roh, gedünstet als Gemüse und fein passiert als delikate Suppe. Rote Bete serviere ich meinen entzückten Gästen, die eine ähnliche Vergangenheit haben wie ich. In sehr dünne Scheiben wie ein Carpaccio geschnitten, mit Salz und Pfeffer gewürzt. Dazu gebratene Kräuterseitlinge und fein gehackte, gedünstete Schalotten.
Ich mische Essig mit Walnussöl, Öl, Honig und Senf und träufle diesen Gaumenkitzler über die Rote Bete. Wer mag, bekommt ohne Fett kross gebratenen Schinken dazu. Auf jeden Fall braucht es kleine Stückchen von Schafs- oder Ziegenkäse. Mein Vater würde sich wundern. Über das, wie „adrett“ seine Sanne aussieht und was sie leidenschaftlich gerne isst. In einem allerdings ist mein Widerstand gegen ihn höchst lebendig: Ich setze weder Mützen noch Kopftücher auf. Braucht’ s nicht. Rote Bete und Sellerie halten fit.
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