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Eigentlich hasse ich Müsli. Ich hasse schon alle Worte, denen ein putziges Diminutiv angehängt wird: Leckerli, Sektchen, Käffchen, Hundchen, Keksli und was es dergleichen mehr gibt. Entweder etwas ist eine Köstlichkeit, ein anständiger Keks, ein richtiger Hund, eine gute Tasse Kaffee oder ein schönes Glas Sekt. Wenn etwas verkleinert, verniedlicht wird, werde ich stutzig. Sollen hier Tatsachen verharmlost oder gar verborgen werden? Zurück zum Müsli, dem kleinen Mus oder Mues.
Es ist für mich der Inbegriff des Vernünftigen - ein Sinnbild aus Haferflocken, Getreide, Obst, Trockenfrüchten und Milch. Ein rationales Pflichtprogramm, das den Magen vollstopft. Danach geht kein (Frisch-)Käse mehr rein, kein Ei oder sonst was herrlich Herzhaftes. Schlimmer: Das Ganze „hält vor“. Düstere Pädagogik, denn das heißt nichts anderes, dass Menschen wie ich ewig warten müssen, bis sie endlich wieder was richtig Gutes essen können, nachdem sie sich den Magen mit Müsli zugekleistert haben.
Himbeereis und Rock’n’Roll
In mir leben die Rote Zora, Ronja, die Räubertochter und Pippi Langstrumpf, ausgelassene Trägerin von Ringelstrumpfhosen. Sie essen manchmal Fisch, Kirschen oder Sahnetorte zum Frühstück. Aber Müsli? Meine Freunde kennen einen meiner Lieblingssongs: „Himbeereis zum Fühstück, Rock’n’Roll Roll im Fahrstuhl“! Ich brüskiere damit Ernährungsfachleute, schlanke Dandys, attraktive Mädels, herzensgute Gesundheitsapostel und solche, die das Zeug einfach mögen. Hier, Freunde, kommt meine Entschuldigung.
Ich bin noch immer in der „Anschlussheilbehandlung“. Rock’n’Roll ist nicht, eher manchmal Blues. Musste und muss allerlei Tabletten nehmen. Schmeckt nicht, fordert den Magen heraus. Aber da kommt Müsli mit viel saftigen Rosinen drin. Ahornsirup, über Nacht eingeweichte Haferflocken, Nüsse, die nicht in atomaren Staub zerfallen. Medikamente lassen sich darin prima einwickeln, runterschlucken und „vertragen“. Ich habe endlich verstanden: Müsli ist Verpackungsmaterial. Dafür schmeckt es erstaunlich gut.
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