Susanne Breit-Keßler Beilagen
Susanne Breit-Keßler
Die Gans fuchst
Kochen kann sehr komplex sein, zum Beispiel bei der Zubereitung eines Gänsebratens. Doch das Leben ist schwer genug, und daher ist es Zeit, sich mit einfachen Rezepten einzudecken
26.10.2022

Es ist bekannt: Mein Mann ist Fleischesser und ich bin Flexitarierin. Ich esse niemals Kalb, Rind oder Schwein und nur ganz selten Geflügel und Fisch. Aber auch keine Ente oder Gans. Das ist nicht schwierig, weil uns beiden Gesetzlichkeit fremd ist – wir können es nicht leiden, wenn man anderen vorschreibt, wie sie zu leben haben. Ich koche sogar das, was mein Liebster gerne zu sich nimmt, selbst wenn es mir nicht auf den Teller kommt.

Er hingegen vermeidet den Herd. Man soll, so meint er, andere nicht daran hindern, ihre Talente zu entfalten.  Damit meint er mich und meine Kochkünste. Die List hinter diesen Worten ist offensichtlich. Aber mir kommt das zupass, denn die Küche ist mein Reich, der Ort, an den ich mich zurückziehen und vor mich hinwerkeln kann. Dass der Gatte dort nicht herumfuhrwerkt, hat mit seinen Talenten etwas zu tun und damit, dass ich nach dem Kochen groß rauskomme. Meistens.

So etwas fuchst mich – aber richtig

In früheren Jahren wollte ich mich um diese Zeit der Kirchweih, des nahenden Martinstages und des kommenden Weihnachtsfestes mit Gänsebraten wichtigmachen. Den mag mein Mann geradezu leidenschaftlich gern. Ich … siehe oben.  Der Versuch ist mit schöner Regelmäßigkeit misslungen. Die Gans war zäh und trocken, nur die Beilagen taugten etwas. So etwas fuchst mich – aber richtig. Es kann nicht sein, dass ich das nicht kann, wenn hundertausend Andere es hinkriegen.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Es klappt inzwischen hervorragend. Deswegen, weil ich mir nach der Lektüre komplexer Rezepturen eines zusammengebastelt habe, das simpel und hocheffizient ist. Man nehme eine Gänsebrust – eine ganze Gans ist für eine Person zuviel – koche sie zweieinhalb Stunden in zwei Litern Gemüsebrühe mit einer Zwiebel, die ich mit Nelken spicke, und einem Lorbeerblatt. Wichtig: Unter dem Siedepunkt bleiben.

Anschließend die Gänsebrust in eine Bratreine mit der Haut nach oben in 100 ml Gänsebrühe legen, den Bräter auf die unterste Schiene des Ofens schieben. Mindestens 20 Minuten unter dem Grill braten. Wie knusprig man es haben will, muss man selber entscheiden. Das war´s schon. Mit der Gans. Zwischenzeitlich sollte noch eine Sauce entstehen. Dazu Puderzucker karamellisieren, Tomatenmark beifügen, einen halben Liter Gänsebrühe draufgießen.

Wurzelgemüse nach Gusto und einreduzierten Rotwein dazugeben und eine dreiviertel Stunde ziehen lassen. Am Ende darf ein Tee-Ei mit passenden Gewürzen mitziehen – Piment, Zimt, Knoblauch, Zitronen- und Orangenzester, diverse Kräuter. Was sonst noch? Bei uns gibt es Spätzle, Blaukraut und Selleriesalat dazu. Die Beilagen sind schnell hergestellt – am besten am Tag zuvor. Ich habe am Ende nur Gans und Sauce zu machen, vielleicht noch in Butter gebratene Maronen – das ist echt leicht.

Tja, die Zeit des Scheiterns ist vorbei. Zumindest, was den Gänsebraten betrifft.

 

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Kolumne

Susanne Breit-Keßler

Essen und Trinken hält Leib und ­Seele zusammen. Und darüber Neues zu lesen, macht den Geist fit. Viele Folgen lang hat Susanne Breit-Keßler Ihnen Woche für Woche ihre Gedanken dazu aufgeschrieben und guten Appetit gewünscht. Im Sommer 2024 endete die Kolumne. Die Texte sind weiter im Archiv abrufbar.