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Der große Reformator Martin Luther war sehr dafür, sich jeden Tag zu überlegen, wo das eigene Leben in Schieflage ist. Sonst sammelt sich mit der Zeit arg viel an. Für die von der Obrigkeit angeordneten Buß- und Fasttage samt Traditionen hatte er kein sonderliches Faible. Die waren ihm zu oberflächlich: Manches Fleischerne wurde listig in Fischform gebracht oder in Maultaschen versteckt. Stellenweise konnte man sich von Verpflichtungen freikaufen - etwa vom Verzicht auf Milchprodukte durch den „Butterpfennig“. Den kassierte natürlich die Kirche.
Versuche, die Kassen zu füllen und den Herrgott austricksen zu wollen, waren nichts für Luther. In der Familie achtete er allerdings auf Zeiten einer bekömmlichen geistlichen Askese. In der Vorweihnachtszeit sollten die Kinder fasten und beten - wurden aber auch freundlich beschert. Was Luther wohl an seinen Buß- und Fastentagen gegessen hat? Er betrachtete Essen und Trinken nicht als geistliche Fragen, sondern als äußerliche Angelegenheiten, die nicht der eigenen Rechtfertigung dienen können. Insofern ist es nicht so wichtig.
Aufräumen
Ich mag diese Konzentration auf das Wesentliche. Für mich ist der Buß- und Bettag schon immer einer der schönsten und wichtigsten Feiertage. Ein Tag, an dem ich ganz grundsätzlich Ordnung schaffe. Und zwar in meinem Inneren. So, wie ich sonst Schränke, Regale und Schubladen sortiere, ausmiste und richtig aufräume, mache ich das mit Gedanken und Gefühlen. Mit dem, was ich seit dem letzten Jahr so alles getan habe. Das braucht Zeit - und ein ganzer Tag inklusive Gottesdienst ist dafür gerade recht. Essen wird zur Nebensache.
Zu Luthers Zeit aß man an Fastentagen gerne Fischsuppe, Fisch gebacken oder als Mousse, Gemüsebrühen, Mehlspeisen süß oder salzig und eben die Maultaschen. Mir tut es wohl, an einem solchen Tag der inneren Reinigung zurückhaltend zu sein und Körper samt Geist nicht zu belasten. Morgens nur grüner Tee mit Honig und Zitrone, mittags nichts und abends ein paar Nudeln mit Gemüsesauce und Salat. Da darf bei mir auch Sahne und Käse dran. Der Herrgott, Luther hat uns daran erinnert, erwartet keine sportiven Leistungen an Messer und Gabel. Er mag uns auch so. Was für ein Segen.
Literaturtipp: Elke Strauchenbruch, Luthers Küchengeheimnisse. Leipzig, Evangelische Verlagsanstalt 2015.
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