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Ich bin ein Spice Girl. Natürlich gehörte ich nicht zur Geschichte der britischen Girlgroup, die sich 1994 gegründet hat. Zu dem Zeitpunkt war ich 40 Jahre alt, also knapp im Mama-Alter für die Sängerinnen Mel B, Baby- und Ginger-Spice, Posh und Sporty. Und traf gerade auf den Mann, den ich ein paar Jahre später geheiratet habe. Er liebt mich und mein Essen. Das liegt auch daran, dass ich ein Spice Girl bin. Oder, altersgerecht, eine Spice Lady.
Ich schätze Gewürze aller Art. In meinen Küchenschränken habe ich eine große asiatische Abteilung. Obwohl - „asiatisch“ gibt es nicht. Betelblatt, Galgant und Zitronengras kommen aus Thailand und Vietnam, aus Indien Curry, Garam Masala und Kurkuma. Jiaoyan, Schwarzer Kardamom und Szechuanpfeffer stammen aus China. Und da sind, schwerer zu verorten, noch der teure Safran, Muskat und geräuchertes Paprikapulver!
Frankreich und Afrika sind ebenfalls vertreten: Estragon, Quatre Épices, Piment d‘Espelette genau so sowie Harissa, Ras El Hanout und Zatar. Mit Salzen könnte ich handeln. Da stehen herrliche Mischungen aus der Salzstadt Bad Reichenhall mit Chili oder Kräutern. Es gibt Salz mit Zitrone oder Rosen, vom Himalaya oder dem Toten Meer. Vieles davon habe ich geschenkt bekommen. Ich mag Geschenke, die sich aufbrauchen lassen.
Ich genieße Flaschen mit Soja- und Fischsauce aus Österreich und süßsaure Mixturen, die in Deutschland produziert werden. Ach, und das Hochbeet auf unserem Balkon mit frischen Kräutern! Thai-Basilikum, Bergbohnenkraut, Vietnamesischer Koriander, Marokkanische Minze, Italienischer Oregano, Thymian … Internationalität ist eine feine Sache. Man kommt sich beeindruckend polyglott, lukullisch und mental vielsprachig vor.
Schaue ich mir alle meine Gewürze an, im Beet, den Regalen, in Kühlschrank und Gefrierfach, dann fühle ich mich als Spice Lady auf Tournee. Aber … Macht die Vielzahl der Gewürze, die man zuhause vorhält, ein gutes Essen, vor allem eine weltoffene Haltung aus? Nicht notwendig. Man kann trotz aller zusammen gekauften und geschenkten Pluralität engstirnig bleiben. Ich versuche deshalb, möglichst viel über Herkunft und Heimatländer der geschmackvollen Zutaten zu erfahren.
Das erweitert den Horizont gewaltig - und wenn man irgendwann den Pep an Ort und Stelle kennenlernt, in Vietnam, Frankreich oder Oberbayern, dann ist das besonders bewusstseinserweiternd. Manchmal wünscht sich mein Mann, der tapfer alle würzigen Eskapaden mitmacht, zum Kontrast ganz einfache Gerichte. Kartoffeln mit Quark, Kartoffelsalat oder ein Spiegelei. Das kann man natürlich alles international abwandeln und präsentieren.
Aber der Gatte möchte es mal unkompliziert. Deshalb nehme ich in solchen Fällen Schnittlauch, der aus Eurasien kommt. Wenn er blüht, ist er ein von Bienen und Hummeln geliebter Traum in Lila. Das herzhafte Duft- und Gewürzkraut besteht zu 80 Prozent aus Wasser. Für ein Spice Girl die ideale Diät. Die Gewürz-Lady nimmt zum Schnittlauch Sahne und Mayonnaise. Das stimmt sehr froh. Und wer glücklich ist, macht immer bella figura.
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