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Heidi bringt ihrer Tochter von einer Dienstreise einen Pullover mit. Mias Größe, Mias Lieblingsmarke, die neue Kollektion. Mia wird selig sein. Stellt sich Heidi vor. Doch als Mia das Päckchen auspackt, wirkt sie mehr als enttäuscht: „Super. Du weißt doch, dass ich in Rot wie ein Fliegenpilz aussehe.“
Paul möchte seine Frau mit etwas Schönem beglücken. „Überraschung!“, ruft er und wedelt mit zwei Flugtickets nach Stockholm und einem Hotelgutschein vor ihrer Nase herum. In Schweden waren die beiden noch nie, und er weiß, wie oft sie schon davon geträumt hat. Aber Leonie freut sich nicht. Im Gegenteil: Sie ist richtig ärgerlich. „Du hättest mich wirklich vorher fragen können!“ Genau an diesem Wochenende wollte sie mit ihren Freundinnen einen Wellnesstag einlegen – lange geplant, weil alle einen vollen Terminkalender haben.
Es tut schon weh, wenn der gut gemeinte Plan nicht aufgeht
Überraschungen können ganz schön in die Hose gehen. Ehemänner stehen mit Schmuck oder Dessous wie begossene Pudel da, Eltern werden kühl abgefertigt, weil sie nicht gecheckt haben, was angesagt ist. Frauen sind peinlich berührt, weil sie die falschen Fußballkarten oder eine überflüssige Kantateneinspielung für den Liebsten besorgt haben. Die Überraschten sind gekränkt, weil sie offenbar mit ihren Bedürfnissen nicht wahrgenommen werden. Was tun? Die Überraschten sollten sich ihr Missfallen oder ihren Ärger nie vor Dritten anmerken lassen. Das führt den anderen vor – als unsensiblen Dummkopf. Die Überrascher, die es vielleicht versäumt haben, dem Beschenkten eine Tür offenzuhalten, sollten jetzt nach einem Ausweg suchen – und nicht ihrerseits gekränkt sein.
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Beide Seiten brauchen Zeit und Raum, damit es nicht so wehtut, wenn man mit seiner Überraschung nicht gelandet ist oder sich mit seinen Wünschen nicht ernst genommen fühlt. Der eine muss sagen können, was er sich Liebevolles bei seinen Plänen gedacht hat. Der andere kann, ohne ein Drama daraus zu machen, die eigene Gefühlslage erklären und zugleich die Kreativität und die Fantasie des Gegenübers wertschätzen. Das Ergebnis könnte sein, dass man sich viel besser versteht. Vielleicht will Mia um keinen Preis auffallen und könnte einen Schuss mehr Selbstvertrauen gebrauchen? Und Heidi möchte eine Tochter, die eigenen Stil zeigt. Paul sehnt sich möglicherweise nach ungestörter Zweisamkeit, und Leonie braucht eher Zeit für sich.
"Wer aufrichtig redet, wird geliebt"
Es könnte auch sein, dass sich ein zweiter Blick auf den Pullover lohnt, der einen Farbton hat, den eben nicht alle tragen. Oder auf die Reise in den Norden, die eine heilsame Unterbrechung des Alltags wäre. Wenn nicht, lassen sich Kleidungsstücke umtauschen und Reisen meistens umbuchen – jedenfalls sollte man darauf immer achten. Schwierig wird es, wenn Menschen sich bei ihren Überraschungen selbst am besten fühlen – ohne jede Rücksicht: Da freut man sich auf einen besinnlichen Geburtstagsabend und steht auf einmal vor einer Horde von johlenden Freunden. (Schwieger-)Mütter schleppen begeistert ein Porzellanservice an, billig erstanden, Schwiegermutterstil. Bleibt da nur ein angestrengtes Lächeln?
Eher nicht, sonst könnte es sein, dass es zu Weihnachten noch die passende hässliche Schüssel gibt. Besser, ehrlich zu sagen, dass man dieses Service nicht haben möchte und die Freunde nach einem Begrüßungsschluck bitte wieder gehen möchten. „Wer aufrichtig redet, wird geliebt“, heißt es in der Bibel (Sprüche 16,13). Das wird nicht immer so sein – aber wenn man respektiert würde, wäre das auch schon etwas.