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Eine Freundin von mir hat einen zehnjährigen Sohn. Der fragte sie vor kurzem: Wieso ist Jesus eigentlich der „Retter der Welt“? Seine Mutter stutzte und suchte nach einer Erklärung: „Du kennst doch die Filmhelden, die mit übermenschlichen Kräften gegen das Böse kämpfen und gewinnen; so ähnlich ist das mit Jesus gewesen.“ – „Aber ein Held stirbt doch nicht!“, sagte ihr Sohn. Da wusste die Mutter erst einmal nicht weiter.
Jesus setzt sicherlich nicht Raum und Zeit außer Kraft. Und doch ist er mächtig. Bei ihm ist alles anders, alles neu, überraschend. Jesus ist stark im Hinnehmen, er kämpft nicht mit Fäusten, sondern mit dem Herzen. Er lebte unser anderes Ich: die Menschlichkeit. Er wurde unser Trost, unsere Hoffnung, auch weil er diese Demut bis zum Tod durchgehalten hat. Er ließ sich nicht abbringen von dem Glauben, dass Gott es gut mit ihm meint. Das spricht auch aus seinen Worten am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – „Mein Gott“, sagt er: Mit dieser Treue zu Gott verlässt er die weit verbreitete Logik von Hass und Vergeltung. Schmerz kann sich verwandeln in Mut und Herzenskraft. Das ist eine tiefe Erfahrung: Weil es die Auferstehung gibt, kann unser Herz auch in dunklen Tagen lebendig und voller Hoffnung sein, unser Mund voll österlichen Gesangs und Lachens.
Nur jeder Vierte ist dort Kirchenmitglied - aber viel mehr wollen beim Kirchentag dabei sein
Es gibt eine neue Sehnsucht, eine Hoffnung: dass wir Menschen mehr sind als ein Faktor im Bruttoinlandsprodukt oder eine zuverlässige Kollegin oder die, die zu Hause für Wohnlichkeit und Kindererziehung sorgt. Die Sehnsucht nach dem ganz anderen, nach Gott, nach Lebenssinn und Gemeinschaft begegnet mir auch in Dresden, der Stadt des Deutschen Evangelischen Kirchentags (1. bis 5. Juni). Nur jede(r) Vierte ist Kirchenmitglied dort, aber viel mehr wollen dabei sein, wenn 100 000 Gäste kommen. Die Dresdner sind neugierig, wollen wissen, was da kommt und wer. Von der Oberbürgermeisterin bis zum Schulleiter, vom Feuerwehrmann bis zur Konfirmandin öffnen sich die Türen und Köpfe. Und selbst die Skeptiker fragen nach: Was passiert da?
„...da wird auch dein Herz sein“: dieser Halbsatz aus der Bergpredigt Jesu (Matthäus 6,21) wird als Motto den Kirchentag prägen. Wie das Vaterunser und die Seligpreisungen ist es Grundlage bei Bibelarbeiten, in Gottesdiensten, Liedern, Theaterstücken, Tänzen: Es ist gut, diese alten, bekannten Worte neu anzusehen, zu hören, was sie anderen bedeuten, wo sie Trost gaben oder Rebellion auslösten.
Studenten werden überall in der Stadt auf religiöse Fragen antworten
Ich wünsche mir, dass vom Kirchentag etwas ausgeht, was für das Leben bleibt. Indem wir zum Beispiel als Christinnen und Christen mit unserem Glauben an den schwach-starken Christus andere begeistern. Indem wir mit der Fröhlichkeit unseres Glaubens anstecken. Indem wir mitteilen, was uns Orientierung gibt.
Auf eine Aktion während des Kirchentags freue ich mich besonders: In der Stadt werden Kirchenbänke stehen, Studierende der kirchlichen Musikhochschule werden dort sitzen und erklären: Was ist Taufe? Warum feiern wir Pfingsten? Was bedeutet Himmelfahrt?... Ich bin gespannt, wie das bei den Dresdnerinnen und Dresdnern und allen anderen Besuchern ankommt.
Meine Freundin und ihr Sohn waren noch nie auf einem Kirchentag. Nach Dresden wollen sie kommen. Vielleicht werden sie eine Antwort finden, wie das ist mit Jesus, dem Retter der Welt. Anders wohl als in Hollywood: nämlich mit tiefen Brüchen, mit Todesangst, mit Verzweiflung – und doch am Ende frei und erlöst.
Sehen wir uns, in Dresden? Ich würde mich sehr darüber freuen!
Katrin Göring-Eckardt
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Jesus oder Bananenrepublik?
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