Acht Jahre schlaflos
Acht Jahre schlaflos
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Acht Jahre schlaflos
Jean Dreifke war zermürbt, seine Ehe fast zerrüttet. Jetzt hat er mit eiserner Disziplin wieder schlafen gelernt.
07.10.2010

Dass ich nicht schlafen konnte, fand ich anfangs normal. Ich hatte drei Betriebe: einen Getränkehandel, ein Anzeigenblatt, mehrere Kneipen. Wenn ich endlich im Bett lag, ging mir natürlich die Arbeit durch den Kopf - nachts hatte ich die besten Ideen. Dann trennte ich mich von den meisten Betrieben. Jetzt gab es keinen Grund mehr, wach zu bleiben. Aber ich wälzte mich im Bett hin und her. Stand wieder auf. Guckte Fernsehen, bis ich todmüde zurück ins Bett torkelte. Sofort war ich hellwach. Wieder aufs Sofa. Um fünf schlief ich ein. Um sieben klingelten meine drei Wecker.

Nachts hatte ich die besten Ideen

Es begann eine schreckliche Zeit. Ich ging schon mit dem Gedanken ins Bett: Das wird nichts. Zudem störte mich auf einmal etwas, was mich 15 Jahre nicht gestört hat. Jemand lag neben mir, der sich umdreht, laut atmet, "unerträgliche Geräusche" macht meine Frau. Was ich nicht wusste: Auch sie war wach. Vor lauter Angst, mich zu stören, lag sie starr neben mir. Ich wäre nie darauf gekommen, aus dem Schlafzimmer auszuziehen - ich wollte das Problem nicht so groß werden lassen, zu etwas, das uns trennt. Doch das wurde es.

Wie kann man nur so blöd sein, nicht zu schlafen!

Ich war wie besessen von dem Wunsch zu schlafen. Und ich war stinksauer: Wie kann man nur so blöd sein, nicht zu schlafen! Ich verlor bei der kleinsten Gelegenheit die Nerven, wurde nörgelig. Alles ging mir nicht schnell genug, nichts war ordentlich genug, das Essen war fade ... Irgendwann sagte meine Frau: "Du hast dich verändert, früher warst du nicht so aufbrausend." Einmal saßen wir auf dem Sofa und haben beide geheult.

Man sah mir nicht an, wie zermürbt ich war. Ich bin ein vitaler Typ. Nur meine engsten Freunde wussten: Der kann nicht schlafen. Wir haben das aber nicht oft thematisiert. Ich wollte nicht, dass es zu einem Lebensthema wird. Doch das war es längst. Selbst die Urlaube brachten keine Erlösung. Wie viele Nächte habe ich lesend auf Badezimmerfliesen verbracht!

Mir fiel einfach keine Lösung ein. Viele fangen ja an zu trinken, aber ich mag Alkohol nicht besonders. Schlaftabletten habe ich auch probiert - ohne Wirkung. Dann erfuhr ich von der Schlafschule. Da schlief ich schon seit acht Jahren nicht mehr. Beim ersten Treffen mit den anderen 13 Schlaflosen sagte uns die Therapeutin, sie könne uns wieder zu sieben Stunden Schlaf bringen - wenn wir mitziehen. Das war wie die Verheißung des Paradieses auf Erden.

Zum ersten Mal seit Jahren kämpfte ich gegen den Schlaf.

Der Anfang war noch einfach. Alle Störungen mussten weg ich bin aus dem Schlafzimmer gezogen. Aber was dann kam, war schlimmer als alles zuvor, und viele im Kurs hielten es nicht durch: die Schlafverkürzung. Wir durften nur fünf Stunden im Bett liegen. Für mich hieß das, um zwei hinlegen, um sieben wieder hoch - auch wenn ich nicht einschlafen konnte. Nach wenigen Wochen war ich schon um zehn Uhr abends hundemüde. Zum ersten Mal seit Jahren kämpfte ich gegen den Schlaf.

Als ich endlich schlafen durfte, war ich so aufgeregt, dass ich wieder aufstehen musste. Das gleiche Spiel wie immer. Erst wenn man von den fünf Stunden vier durchgeschlafen hat, darf man in der nächsten Woche eine Viertelstunde länger liegen. Ich bin nicht in allem so diszipliniert, aber das machte ich mit. Und nach einem halben Jahr war ich bei sieben Stunden angekommen!

Das erste Mal wieder mit meiner Frau im gemeinsamen Bett schlafen

Ich zog das Programm durch, jeden Tag. Partys verlasse ich auch heute noch meist um elf, damit ich um zwölf im Bett liege. Dafür habe ich den Sonntagmorgen gewonnen. Ich bin ja bereits zwei Stunden wach, wenn meine Frau zum Frühstücken kommt. Sie findet dann eine aufgeräumte Küche vor - und einen Mann, der schon reden kann.

Dann kam der Tag, an dem ich das erste Mal wieder mit meiner Frau im gemeinsamen Bett schlafen wollte. Ich hatte Angst, dass ich mich wieder verkrampfe. Aber es klappte. Das gab mir ein ungeheures Vertrauen. Ich lasse den Schlaf jetzt einfach kommen. Manchmal lässt er mich warten. Aber daran verzweifle ich nicht mehr. Ich weiß jetzt: Schlafen kann man lernen.

Protokoll: Ariane Heimbach

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Hallo, vielen Dank für den wirklich interessanten Beitrag. Aus ganz eigener Erfahrung kommt mir das alles sehr bekant vor. Ich habe selbst sehr lange unter erheblichen Schlafstörungen gelitten. Mir hat neben anderen Dingen noch ein Buch sehr viel weiter geholfen. Das mag zunächst etwas merkwürdig klingen, aber bei mir hat es etwas ausgelöst. Ich habe für mich viele Dinge neu entdeckt und ganz neue Ansätze gefunden. Die Ursachen meiner Schlafprobleme wurden so plötzlich ziemlich klar und ich konnte genau da ansetzen. Sollte jemand intessiert sein andem Ratgeberbuch, hier bekommt man mehr Infos und kann auch bestellen.: http://www.endlich-gut-schlafen.com Viel Glück und alles Gute Silvia