Johannes Friedrichs Name ist in der evangelischen Kirche vor allem mit drei Dingen verbunden: mit dem Bischofsamt, das er in Bayern von 1999 bis 2011 innehatte, mit dem jüdisch-christlichen Dialog und mit dem Bibelmuseum Bayern in Nürnberg. Der Theologe war aber auch Propst, Stadtdekan und Dorfpfarrer. Außerdem war er im Jahr 2000 Gründungsherausgeber von chrismon. Dieses Amt übte er bis 2014 aus.
Wie die Landeskirche am Mittwoch mitteilte, ist Friedrich im Alter von 77 Jahren nach langer Krankheit gestorben.
Johannes Friedrich wurde als Sohn eines Theologieprofessors in Westfalen geboren und wuchs in Erlangen auf. Vor seiner Zeit als Propst in Jerusalem war Friedrich Studentenpfarrer in Nürnberg, nach seiner Rückkehr wurde er Stadtdekan in Nürnberg. 1996 wurde er in die Landessynode gewählt und ergriff dort die Initiative für die Vereinbarung "Zur Begründung eines neuen Verhältnisses von Christen und Juden", die die Synode 1996 verabschiedete.
Die Bedeutung des Dialogs, der inhaltlichen Differenzierung, wurde ihm als Propst von 1985 bis 1991 in Jerusalem deutlich. Er habe Schwierigkeiten mit Leuten, die beim Nahost-Konflikt "ganz genau zu wissen scheinen, wer recht hat und wer im Unrecht ist", sagte er. Er setzte sich gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus ein und kritisierte, dass es auch in der Kirche noch "böse Vorurteile" gegenüber Jüdinnen und Juden gebe.
Er konnte gut mit Kardinal Marx
Die Zeit als Propst in einer Stadt, in der die Christen in der Minderheit sind, führte Friedrich auch vor Augen, wie wichtig Ökumene ist - und zwar nicht nur die von katholischer und evangelischer Kirche, sondern auch mit Orthodoxen und Anglikanern. Als bayerischer Landesbischof konnte er gut mit dem Münchner Kardinal Reinhard Marx. Den Ökumenischen Kirchentag 2010 in München bezeichnete Friedrich einmal als den Höhepunkt seiner Karriere. Dass er 2001 als Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) den Papst als einen "ökumenisch akzeptierten Sprecher der Weltchristenheit" bezeichnete, kam allerdings bei Protestanten nicht überall gut an.
In der Debatte um die Umbenennung der nach Landesbischof Hans Meiser (1881-1956) benannten Straßen während seiner Amtszeit, hätte er sich mehr Differenzierung gewünscht. Schwarz-Weiß-Denken ärgere ihn, sagte er. Hintergrund der Debatte war die ambivalente Haltung von Hans Meiser während der NS-Zeit.
Mit geduldigem Zuhören, der Fähigkeit zu tragfähigen Kompromissen und einem guten Maß Pragmatismus hielt Friedrich seine bayerische Landeskirche mit ihren verschiedenen Flügeln zusammen. Ein Mann, der Konflikte vermeide und lieber nach Lösungen suche, die allen etwas bringen, beschrieb ihn seine Stellvertreterin, Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. Friedrich sei "einer mit klarem Verstand und Übersicht".
Sein Organisationsgeschick trug wesentlich mit dazu bei, dass die Landeskirche ihre großen Strukturreformen - von der grundlegenden Konsolidierung der Finanzen bis zu einer neuen landesweiten Verteilung der Pfarrstellen - ohne tiefgehende Verwerfungen über die Bühne brachte. Wegbegleiter erinnern gerne daran, wie Friedrich als Landesbischof anstrengungslos und bisweilen fröhlich pfeifend Sitzungen hinter sich brachte und Dokumentenberge abarbeitete.
Er war zufrieden mit seinem Leben
Johannes Friedrich brachte in seiner Amtszeit als Landesbischof die Kirche ins Gespräch. Er äußerte sich nicht nur zu Religionsfragen, sondern auch zu Migrationspolitik oder zur embryonalen Stammzellenforschung. Und medienscheu war Johannes Friedrich nie. In seiner chrismon-Kolumne "Auf ein Wort" äußerte er sich pointiert und zugleich versöhnlich. Auch als Kolumnist bemühte er sich stets um ein gutes Miteinander der Religionen. "Johannes Friedrich hat es verstanden, auch publizistisch die Bedeutung des evangelischen Glaubens für die Gesellschaft verständlich zu machen", betont Stefanie Schardien, theologische Direktorin des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik.
Ebenfalls untrennbar mit seinem Namen verbunden ist das Thema Bibel. Er war Vorsitzender der Deutschen Bibelgesellschaft, Vorsitzender des Verwaltungsrats des Bayerischen Zentralbibelvereins und trieb in dieser Eigenschaft das Projekt Bibelmuseum in Nürnberg voran. 2023 wurde es im Lorenzer Hof in Nürnberg eingeweiht. Zu Einweihung zeigte er sich bereits von seiner Krankheit gezeichnet.
"Ich bin zufrieden mit dem Leben, wie es gelaufen ist", sagt er in einem Interview zu seinem 70. Geburtstag. Alle Erdteile habe er als Landesbischof besuchen können, sagt er, "das ist doch toll". Nach zwölf Jahren Dienstzeit als Bischof einer der größten evangelischen Landeskirchen hatte er sich noch ein Leben als einfacher Dorfpfarrer gewünscht. Im fränkischen Bertholdsdorf setzte er das um. Dort stieg er jeden Sonntag auf die Kanzel, gab Konfirmandenunterricht und leitete Beerdigungen. "Johannes Friedrich hat vorgelebt, wie der christliche Glaube die Freiheit schenkt, das Leben gut zu gestalten", sagte der jetzige bayerische Landesbischof Christian Kopp am Mittwoch. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Kirsten Fehrs sagte: "Johannes Friedrich schöpfte seine Kraft aus einem unverbrüchlichen Glauben und wirkte segensreich in vielen kirchlichen Bereichen: im Verkündigungsdienst als Pfarrer, Propst und Bischof, als Seelsorger und als großer Brückenbauer in der Ökumene und im interreligiösen Dialog." Sie habe ihn als theologisch klar und menschlich zugewandt erlebt, so die Hamburger Bischöfin.
Ein großer Rückhalt waren dem Bischof immer seine Frau und seine zwei Töchter: Seine Frau, eine Religionspädagogin, begleitete ihn so oft wie möglich bei Dienstreisen und kümmerte sich voller Liebe und Hingabe um ihn, als sie wegen seiner Krankheit das Haus in Spalt mit einem Pflegeheim in Nürnberg tauschen mussten.
Der Tod von Johannes Friedrich löste auch außerhalb der Kirche Trauer aus. So teilte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), selbst evangelischer Christ und früheres Mitglied des evangelischen Kirchenparlaments, mit, dass ihn die Nachricht von Friedrichs Tod sehr bewegt habe. Mit Empathie, Toleranz und viel Herz habe er die Werte der Gemeinschaft und Gesellschaft vermittelt. Dabei sei er nicht nur entschlossen für die evangelisch-lutherische Kirche eingetreten, sondern habe immer das Verbindende der Weltkirchen gesucht - insbesondere für die Aussöhnung zwischen Judentum und Christentum, sagte Söder weiter.
(Mitarbeit: chrismon-Redaktion)